Bild des Monats Dezember 2008
Neuschnee
in Hamburg
Zur Jahreswende 1985/86 kam der Winter nach Hamburg. Der am Nachmittag
einsetzende leichte Schneefall sorgte schon am Abend für winterliche
Verhältnisse – so auch auf der Kirchenallee, eine der vier Straßen, die an den
1906 eröffneten Hauptbahnhof angrenzen. An der Kirchenallee liegen große Hotels
und seit 1900 das „Deutsche Schauspielhaus“, die größte Sprechbühne
Deutschlands. Das heutige Aussehen erhielt diese Straße erst 1981 nach einem
grundlegenden Umbau, der nach Stilllegung der Straßenbahn, die hier über eine
Sonderspur in der Straßenmitte verfügte, notwendig wurde.
(Nicht nur) In Hamburg ist es gute Tradition, dass Theater in der
Vorweihnachtszeit für Kinder und Jugendliche Weihnachtsmärchen und
altersgerechte Theaterstücke anbieten. An der Fassade wird noch für „Pünktchen
und Anton“ geworben, der Theaterfassung des zweiten, 1931 erschienenen
Kinderromans von Erich Kästner (1899 – 1974). Spielort ist aber „Kampnagel“ in
Winterhude. Auf dem Gelände der 1981 stillgelegten (gleichnamigen)
Maschinenfabrik erhielt 1982 das Deutsche Schauspielhaus einen
Ausweichspielort, weil das Gebäude an der Kirchenallee umfassend instandgesetzt
werden musste. Auch nach der Rückkehr des Theaters an den Stammsitz gelang es –
trotz der Wohnungsbauplanungen des Senats – den Spielbetrieb in einzelnen
Hallen auf diesem ehemaligen Industriegelände beizubehalten - zunächst
noch als Außenstelle des Schauspielhauses. Heute ist der Theaterbetrieb „auf
Kampnagel“ fester Bestandteil der Hamburger Kulturszene.
Gegenüber dem Schauspielhaus hält am Abend des 29.12.1985 der von
U Borgweg gekommene Gelenkbus 7209 als Linie 108 an der Haltestelle
Hauptbahnhof / Kirchenallee. Im April 1979 führte die HHA auf der Linie 102
(heute Metrobus 5) den Gelenkbusbetrieb ein. Einer ersten Serie von 35
Omnibussen vom Typ DB O 305G folgten 1982 40 weitere Fahrzeuge, damit die
Linien 105, 108 und 164 auf Gelenkbusbetrieb umgestellt werden konnten. Der
hier abgebildete Wagen stammt aus dieser zweiten Lieferung. Von Beginn an waren
die Gelenkbusse begehrte Werbeträger, insbesondere für die Ganzflächenwerbung,
auch als Popwerbung bezeichnet. Der Wagen 7209 wirbt für das Branchenbuch
„Gelbe Seiten“. Der dieses Branchenbuch noch heute herausgebende Verlag
„Dumrath und Fassnacht“ wird 2009 seit 30 Jahren durchgängig mit dieser
Werbeform auf Omnibussen der HHA vertreten sein.
Im Vordergrund der Haltestelle sieht man das Belüftungsrohr des
Tiefbunkers Hachmannplatz. Mit Beginn der Luftangriffe auf Hamburg begann ein
großes Bunkerbauprogramm im gesamten Stadtgebiet. An der Ostseite des
Hauptbahnhofs, unterhalb des Hachmannplatzes, entstand 1940 – im Gegensatz zu
dem auf der Westseite gebauten Tiefbunker Steintorwall - ein „kleiner“
Tiefbunker, der nur für 1.000 Personen ausgelegt war. 1965 entschied man sich,
diesen Tiefbunker für den Zivilschutz wieder herzurichten und jetzt gegen einen
Angriff mit Atomwaffen auszulegen. Am 15.02.1968 konnte die in die neu gebaute
U-Bahnhaltestelle Hauptbahnhof-Nord integrierte Anlage an das Bezirksamt Hamburg-Mitte
übergeben werden. Der Ernstfall blieb den Hamburgern glücklicherweise bis heute
erspart.
Text: Lutz Achilles / HOV