Bild des Monats Januar 2009
Ein Winterabend in Falkenried
Der unbekannte Fotograf hat auf die Rückseite des Fotos „25.01.1961,
22 Uhr“ geschrieben. Es ist kalt an diesem Abend des 25. Januar 1961, einem
Mittwoch. Der Deutsche Wetterdienst hielt für diesen Tag folgende Werte für
Hamburg fest: Lufttemperatur:
Min. - 11 º C, Max. - 4 º C; Bodentemperatur: - 18 º C; Sonnenscheindauer: 6,2
Stunden; Altschneehöhe: 8 cm; Windgeschwindigkeit: 36 km/h (Stärke 5)
Der Winter hatte Hamburg also fest im Griff und der 25. Januar war ein
richtiger Wintertag, wie er heute in Hamburg leider selten geworden ist. Die
Sonne hat am Tag den Schnee auf dem Betriebsgelände der Straßenbahnhauptwerkstatt
Falkenried antauen und schmutzig werden lassen. Die Hektik des Tages durch
den Fahrzeugverkehr hinterließ im Schnee seine Spuren. An der Zufahrt zum
Werksgelände sieht man das markante Pförtnerhäuschen. Es ist im Zuge des
Umbaues des Werksgeländes in der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre entstanden.
Seit 1891 betrieb die Straßeneisenbahngesellschaft (SEG), eine
Vorgängerin der heutigen Hamburger Hochbahn AG, hier eine Wagenbauanstalt, in
der anfangs noch Pferdebahnwagen und dann über Jahrzehnte elektrische
Straßenbahnen gebaut wurden. Nicht nur in Hamburg, sondern weltweit konnten die
Produkte aus dem Hause Falkenried überzeugen. Hinzukamen auch U-Bahnwagen für
Berlin und Hamburg. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs konzentrierte man sich
in Falkenried als Straßenbahnhauptwerkstatt auf die Modernisierung und
Erneuerung des Wagenparks der Hamburger Straßenbahn. Das Werksgelände wurde
hierzu bei laufendem Betrieb grundlegend umgebaut, um die Aufgaben einer
Hauptwerkstatt für die Straßenbahn und den neu eingeführten
Autobusbetrieb erfüllen zu können.
Bis 1999 wurde das Gelände genutzt - inzwischen durch die 1968
gegründete „Fahrzeugwerkstätten Falkenried GmbH“ betrieben, einer
hundertprozentigen Hochbahntochter und HOV-Mitglied. Das über 30 ha große Areal
ist aufgrund seiner Lage in Hamburg-Eppendorf städtebaulich höchst interessant.
Weil die Fahrzeugwerkstätten sich mittlerweile verkleinert hatten und nicht
mehr alle Flächen sinnvoll genutzt werden konnten, entschied man sich, den
gesamten Betrieb auf den Busbetriebshof Hummelsbüttel zu verlagern. Dadurch
wurde das Gelände am Falkenried zusammen mit dem ehemaligen
Straßenbahnbetriebshof Lehmweg frei, um dort neue Wohn- und Gewerbeflächen zu
schaffen. Die Planer für dieses Projekt versuchten, den Charakter des
Werksgeländes mit seinen in Backstein errichteten Hallen in eine künftige
Nutzung zu integrieren. Das ist mustergültig gelungen. In Erinnerung an diese
für die Entwicklung der Straßenbahn in Hamburg wichtige Heimstatt erhielten die
auf dem Gelände angelegten Straßen einen (Namens)Bezug zur Straßenbahn. So
liegt das ehemalige Pförtnerhäuschen heute am Übergang des Straßenbahnrings zur
Straße Falkenried. Als neuer Nutzer fand sich ein Gastronomiebetrieb. Es ist
damit ein Bestandteil dieses modernen Wohn- und Gewerbeviertels geworden.
Am Abend des 25. Januar 1961 war das alles noch nicht abzusehen.
Die Werkstore sind geschlossen und es ist Ruhe auf dem Gelände eingekehrt. Aber
was tat sich um diese Zeit tagsüber bei Falkenried? Neben der laufenden
Instandsetzung des Straßenbahn- und Omnibuswagenparks waren die Mitarbeiter der
Hauptwerkstatt zu dieser Zeit damit beschäftigt Altbauwagen der Hamburger
U-Bahn zu modernisieren. Hier erhielten die U-Bahnwagen mit Holzaufbau
aus der 9. bis 13. Lieferung eine Beplankung aus Nirostastahl. Der Innenraum wurde
dabei vollständig umgestaltet. Im Frühjahr 1961 endete nach 102 so
umgebauten Wagen dieses Modernisierungsprogramm. Die Wagen bekamen die
Typenbezeichnung TU 2: Im Herbst 2008 konnte die HOCHBAHN mit dem
aufgearbeiteten Wagen 8762 einen Vertreter dieses Typs als Museumswagen der
Öffentlichkeit vorstellen. Den Transport der Wagenkästen von und zur
U-Bahn-Hauptwerkstatt in der Hellbrookstraße übernahm die Straßenbahn. Weiter
befanden sich schon seit 1960 127 Büssing 11R / U7H, Typ „Hamburg“ in
Stadt- und Schnellbusausführung in der Auslieferung. Hier in Falkenried wurden
die Busse auf ihren Einsatz in Hamburg vorbereitet – u.a. durch Einbau des
Zahltisches.
Text: Lutz Achilles / HOV