Bild des Monats Mai 2009
1979 – 30 Jahre S80
Seit 1968 beschafften die westdeutschen Verkehrsunternehmen für ihre
Busbetriebe VÖV-Standardlinienbusse. Auf Anregung des VÖV und mit Unterstützung
einzelner Verkehrsunternehmen und den Busherstellern gelang es in der zweiten
Hälfte der 1960er diesen Linienbus zu entwickeln, der durch Vereinheitlichung
von Bauelementen u.a. eine hohe Wirtschaftlichkeit aufwies. Mitte der 1970er
gab es erste Überlegungen für den bewährten und jährlich in hohen Stückzahlen
ausgelieferten Standardlinienbus ein Nachfolgemodell zu entwickeln. Im
Vordergrund stand neben einer Anpassung an die weiterentwickelte
Fahrzeugtechnik eine für den Fahrgast gesteigerte Bequemlichkeit und
Annehmlichkeit. Dieses sollte insbesondere durch verbesserte Ein- und
Ausstiegsverhältnisse für ältere und körperbehinderte Fahrgäste erreicht
werden.
Wie schon beim Typ I übernahm die Hamburger Hochbahn AG (HHA) mit ihrer
Tochter Fahrzeugwerkstätten Falkenried GmbH (FFG) hier die Federführung bei der
praktischen Umsetzung. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Forschung
und Technologie (BMFT) konnte 1976 in Hamburg mit dem „VÖV-Bus II“ ein erster
Prototyp der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Neben der geänderten Fahrzeugform
und der Verwendung der Klebetechnik zur Gewichtsreduzierung, stellte der von
740 auf 540 mm abgesenkte Fahrzeugboden mit den hierfür notwendigen kleinen
Fahrzeugreifen (55%-Bereifung) eine wesentliche Neuerung dar. Es schloss sich
eine Erprobungsphase in 20 Städten an. Bei der HHA erhielt dieser Wagen die
Betriebsnummer „1980“.
Die so gewonnenen Erfahrungen flossen in das vorläufige Lastenheft für
eine Vorserie des „Stadtlinienbus der achtziger Jahre“ ein. Mit
Unterstützung des BMFT konnten insgesamt 22 Vorserienfahrzeuge des als „S80“
bezeichneten Fahrzeugtyps gebaut werden. Die Fahrzeughersteller Daimler-Benz
und MAN teilten sich diesen Auftrag. Zwei große Verkehrsunternehmen der
Bundesrepublik übernahmen je sechs Vorserienfahrzeuge und damit die Haupterprobung:
Die „Rheinische Bahngesellschaft“ in Düsseldorf für die MAN-Wagen und die HHA
für die Daimler-Benz-Fahrzeuge. Stuttgart, Kassel, Kiel, München, Trier und
Mönchengladbach waren die weiteren Erprobungsstädte für die restlichen zehn
Busse. Die Wagen vom Fabrikat Daimler-Benz wurden durch FFG in
Hamburg-Eppendorf gebaut.
Im Mai 1979 liefen noch die Restarbeiten an den für Hamburg bestimmten
Wagen. Zur vom 8.6. bis 1.7.1979 in Hamburg stattfindenen Internationalen
Verkehrsausstellung (IVA '79) standen die Wagen 1983 und 1985 für einen
Vorlaufbetrieb zur Verfügung. Wagen 1987 diente als „gläserner Infobus“. Die
Wagen 1986, 1988 und 1989 folgten erst später. Für die Ausstellungsbesucher
kamen die beiden S80-Wagen auf der Sonderlinie 110 zwischen dem Congress-Centrum
Hamburg, dem Messegelände und U/S Landungsbrücken zum Einsatz und bildeten so –
zusammen mit dem VÖV II (1980) und dem Niederflur-Schubgelenkbus (1981) - eine
der zahlreichen Attraktionen auf dieser erstmals in der Hansestadt ausgerichteten
Ausstellung zum Thema Öffentlicher Verkehr.
Am 27.06.1979 nahm Stefan Metze den Wagen 1985 mit
seiner markanten Lackierung im Ankunftsbereich des Congress-Centrum Hamburg
auf. Mit dem Wagen 1983 befindet sich heute der erste S80 (Baunummer 1) in der
Fahrzeugsammlung des Hamburger Omnibus Verein e.V..
Die zunächst auf zwei Jahre angelegte Erprobungsphase des „ÖNV-Bus S80“
begann im März 1980. Die Hamburger S80-Wagen wurden dem Betriebshof
Mesterkamp zugeteilt und bis 1987 in Hamburg im Linienverkehr eingesetzt, u.a.
auch auf der zum Sommerfahrplan 1983 eingerichteten Linie 110, die bis Ende
2008 U/S Ohlsdorf mit dem Flughafen verband. Speziell für diese Linie wurden
aus den S80 zwei Sitzreihen ausgebaut, um so zusätzlichen Platz für Fluggepäck
zu schaffen.
Während der zweijährigen Erprobungsphase durchgeführte Befragungen
ergaben sehr uneinheitliche Ergebnisse: Zwei Drittel der Fahrgäste bewerteten
den S80 mit „sehr gut“ und „gut“, beim Fahr- und Werkstattpersonal fiel das
Urteil deutlich verhaltener aus. So erwiesen sich die Bremsen aufgrund der
kleinen Bereifung unterdimensioniert. Die im Testbetrieb gewonnenen
Erfahrungen wurden von den Fahrzeugherstellern weitgehend aufgenommen. Die
Serienfertigung des „SL II“ begann 1984. Die HHA erhielt schon im Herbst 1984
fünf der ersten, serienmäßig hergestellten Mercedes-Benz O 405. Dieser
Fahrzeugtyp, ab 1990 in einer niederflurigen Ausführung, ist heute noch in
geringer Stückzahl in Hamburg anzutreffen.
Text: Lutz Achilles / HOV