Bild des Monats Dezember 2009

 

 

1959 - Reklame-Sonderwagen verschwanden aus dem Hamburger Straßenbild

 

Vor 50 Jahren ging ein Kapitel Hamburger Verkehrsgeschichte zu Ende: Die Reklame-Sonderwagen der Hamburger Straßenbahn. Werktags fuhren diese Wagen ohne Fahrgäste über das noch weitläufige Hamburger Straßenbahnnetz. Es handelte sich dabei um vierachsige Triebwagen - annähernd 60 Jahre alt - mit den gesamten Wagenkasten überspannenden Werbeflächen. Bemalt wurden die Flächen von Reklamemalern, einem heute in Zeiten der Computertechnik ausgestorbenen Beruf. Die Mitarbeiter der damaligen Hochbahn-Tochter Hamburger Verkehrsmittel-Werbung GmbH (HVW) waren wahre Meister ihres Fachs, unter deren ruhigen Händen häufig Kunstwerke entstanden.

 

Doch zum 31.12.1959 war Schluss mit dieser Werbeform, die erstmals in den 1920er-Jahren in Hamburg aufkam. Bis zum II. Weltkrieg wurden Beiwagen mit dieser Werbung versehen. 1949, als es nach Währungreform und anziehender Konjunktur wieder etwas zu bewerben gab, stellte die HHA der HVW drei ehemalige Gütertriebwagen vom 1900 gebauten Fahrzeugtyp V1 zur Verfügung. Diese Wagen fuhren in einem gemächlichen Tempo über die Hamburger Straßen – für die Verkehrspolizei ein zunehmendes Ärgernis. Änderungen der BO Strab, die zum 1.1.1960 in Kraft traten, verpflichteten die Verkehrsunternehmen, insbesondere bei älteren Schienenfahrzeugen technische Verbesserungen vorzunehmen. Hierzu war die HHA für diesen Fahrzeugtyp nicht mehr bereit, obwohl diese drei Triebwagen mit ihrer Ganzflächenwerbung bis zuletzt von Werbekunden gebucht wurden. Unser Bild des Monats zeigt den Sonderwagen 2009 mit HHA-Eigenwerbung im Betriebshof Sandweg. Im Dezember 1952 wünschte die HHA so ihren Fahrgästen ein schönes Weihnachtsfest und gutes neues Jahr. Der Hamburger Omnibus Verein schließt sich aktuell diesen Wünschen an! 

                                        

Ende der 1960er Jahre gab es für die Gesamtflächenwerbung ein Comeback. Eine Ende der 1960er-Jahre durchgeführte Milch-Kampagne sah auch eine auffällige Werbung auf Verkehrsmitteln vor. Angedacht war Werbung über den gesamten Wagenkasten – so wie zehn Jahre zurück noch üblich. Hamburg zeigte sich hier zunächst zögerlich, so dass Hannover zum Zuge kam. 1969 erschien im Straßenbild von Hannover die erste Straßenbahn mit dieser modernen Form der Ganzflächenwerbung. Im Gegensatz zu den früheren Sonderwagen, fand sich diese Werbeform nun an Fahrzeugen, die im regulären Fahrgastverkehr eingesetzt wurden. Durch die bunte Bemalung des gesamten Wagenkastens, für die sich schnell der Begriff „Pop-Bemalung“ fand, fielen diese Fahrzeuge im Stadtbild auf. Hamburg bekam Ende 1970 seine erste U-Bahn mit Pop-Werbung, im April 1971 folgte die Hamburger Straßenbahn mit einem aus Trieb- und Beiwagen bestehenden Zug.

                                                     

Nach der Einstellung der Hamburger Straßenbahn 1978 fand diese Werbeform bei den Bussen ihre Fortsetzung und erreichte schnell hohe Stückzahlen. Aber auch jetzt noch wurden die Fahrzeuge von Hand bemalt, auch wenn schon vermehrt bedruckte Folien zum Einsatz kamen. Im Gegensatz zu den Straßenbahnwagen wurden bei den Bussen die Fensterflächen weitgehend von der Bemalung freigelassen. Das änderte sich, als die bedruckte Lochfolie für die Verkehrsmittelwerbung entdeckt wurde. Dadurch konnten nun Scheiben von außen mit Werbemotiven beklebt werden, ohne dass dem Fahrgast der Durchblick durch die Fenster gänzlich unmöglich gemacht wurde. Allerdings wird durch diese Beklebung der Einblick von außen in das Fahrzeug weitgehend unterbunden, so dass dadurch das (subjektive) Sicherheitsgefühl für die Fahrgäste beeinträchtigt wird. Erste Probewagen ab 1997/98, bei denen sämtliche Fensterflächen mit dieser Folie beklebt waren, fanden deswegen keine Nachfolger. Die moderne Folientechnik erlaubt eine einfache Herstellung von aufwändigen Motiven in größeren Stückzahlen. Auch kann so leicht die Beschriftung des Fahrzeugs schnell verändert werden. Hatten Kunden, die mit Pop-Werbung für ihre Produkte werben wollten, früher für mehrere Jahre die Werbeflächen anzumieten, können heute auch Werbeverträge mit kürzeren Laufzeiten abgeschlossen werden.

  

Text: Lutz Achilles / HOV     


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