Bild des Monats Februar
2010
Hamburg ist nicht Berlin, dass ist allgemein bekannt.
Trotzdem haben die beiden größten Städte Deutschlands viele Gemeinsamkeiten. Das
gilt auch für den Einsatz von Doppeldeckbussen. Anlässlich unseres „Bilds des
Monats“ Februar 2010 ist dabei nicht in erster Linie an die heute zahlreich in
der Hamburger Innenstadt anzutreffenden Doppeldeckbusse im
Stadtrundfahrtverkehr zu denken. Fast alle diese Fahrzeuge fuhren früher einmal
für die BVG über die Berliner Straßen. Nein, gemeint sind die von der Hamburger
Hochbahn AG zwischen 1928 und 1939 beschafften „Etagenbusse“, den aus Berlin
bekannten Doppeldeckbussen „mit Schnauze“.
Im Bild sieht man den im Mai 1930 in Dienst gestellten BÜSSING
VI Gln C4 Doppeldeck- Wagen 126 (Serie 123 - 127) auf der Linie F
über den Jungfernstieg fahren. Die Karosserie stammte von Schumann aus
Werdau. Die Sonne scheint an diesem Tag schon zu wärmen, weil die auf der
Motorhaube befestigte Schutzdecke, die den Frontmotor vor kaltem Fahrtwind zu
schützen hatte, hochgezogen ist. Bei der Linie F handelte es sich um eine
Durchmessserlinie, die von der Telemannstraße in Eimsbüttel quer durch die
Hamburger Innenstadt und die noch nicht zu Hamburg gehörende Stadt Wandsbek
nach Altrahlstedt führte. Aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens beschaffte die
HHA hierfür Doppeldecker. Im Vergleich zu Berlin blieben die Stückzahlen
von diesem Omnibustyp in Hamburg aber gering. Die Straßenbahn war im
Oberflächenverkehr d a s dominierende Verkehrsmittel!
Das Foto ist vermutlich Mitte der 1930er Jahre
aufgenommen. Der in offener Baugrube ausgeführte Bau der U-Bahnlinie
Kellinghusenstraße – Jungfernstieg ist bereits vollendet. Es gibt Parkplätze
für Pkw in der Straßenmitte, die an das Straßenbahngleis vom Rathausmarkt (hieß
damals anders!) zum Gänsemarkt angrenzten. Im Hintergrund ein Holzhäuschen
für den Parkplatzwächter, der auch gern kleinere Serviceleistungen am Auto
übernahm. An der Verkehrsampel, die hier den Querverkehr aus dem Neuen Wall
regelte, ist die aufgesetzte Haube mit den Straßennamen aus heutiger Sicht
bemerkenswert. Am linken Bildrand sieht man im Dunst den Alsterpavillon, so wie
er von 1914 bis 1942 aussah.
Warum wurden nach dem II. Weltkrieg keine neuen
Doppeldeckfahrzeuge für den Buslinienverkehr in Hamburg angeschafft? Die
Vorkriegs-Doppeldecker, die die Kriegswirren überstanden hatten, verrichteten
auf Linien am westlichen Stadtrand noch bis 1953 ihren Dienst und ein 1947 von
der BVG in West-Berlin ausgeliehener Büssing-Doppeldecker ging 1948 wieder
zurück.
Nein, für Neubeschaffungen bestand kein
Bedarf. Die Hamburger Straßenbahn trug zu dieser Zeit neben der U-Bahn die
Hauptlast des Hamburger Verkehrs, der Bus hatte nur eine Zubringerfunktion zu
diesen beiden Schienenverkehrsmitteln. Eine durch Omnibusse betriebene
Durchmesserlinie mit hoher Fahrgastnachfrage gab es damals in Hamburg nicht
mehr.
Zwar bot die westdeutsche
Omnibusindustrie Anfang der 1950er neue Fahrzeugmodelle an, allerdings nur in
„Eindeck“-Ausführung. Lediglich für den West-Berliner Markt produzierte Büssing
schon wieder Doppeldecker. Anders als (West-)Berlin, wo bis heute der Fahrgast
verstärkten Wert auf einen Sitzplatz legt - den konnte damals wie heute am
besten ein Doppeldecker bieten - legte die HHA das Augenmerk auf die
Wirtschaftlichkeit. Als beginnend in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre erste
Straßenbahnstrecken und -linien auf Busbetrieb umgestellt wurden, galt es
Omnibusse vorzuhalten, die möglichst viele Fahrgäste befördern konnten.
Voraussetzung hierfür war eine hohe Anzahl von Stehplätzen. Auch mit
Unterstützung der Ingenieure der HHA entwickelte die westdeutsche
Omnibusindustrie vermehrt auf die Hamburger Bedürfnisse zugeschnittene Modelle
– aber als Eindecker.
Text: Lutz Achilles / HOV