Bild des Monats Juli 2010

 

 

Privatunternehmer „im Auftrag der HOCHBAHN“

 

 Notwendige Ausweitungen bei den Verkehrsleistungen im Hamburger Busverkehr konnten von den Verkehrsunternehmen in den 1960er-Jahren aufgrund von Personalengpässen nicht immer umgesetzt werden. Mitte der 1960er begann deswegen die HHA, einzelne Verkehrsleistungen auf private Unternehmen zu übertragen. Nachdem ab 1964 mehr und mehr privat geführte Kleinunternehmer Auftragsleistungen auf einzelnen Linien fuhren, übernahm die HHA zum 1.1.1968 die von der britischen Besatzungsmacht gegründete TRAVERS Omnibusgesellschaft mbH (TOG). Während die TOG ihre Gebrauchtfahrzeuge in der Anfangszeit ausschließlich von der VHH übernahm und ab 1969 in Bestellkoalition mit der VHH eigene Neufahrzeuge erwarb, übernahmen die kleinen, privatwirtschaftlich geführten Unternehmen, überwiegend gebrauchte  Omnibusse von der HHA und setzten sie für den Auftragsverkehr auf Linien der HHA ein. Längst vergessene Firmen wie Bär, Berbig, Biel, Fuchs, Hassa, Pelka, Quandt, Rohweder, Rossbalson und Schlachter waren so für die HHA tätig. Es gab aber auch Neufahrzeuge zu sehen, überwiegend günstig erworbene Vorführwagen. Im Winterfahrplan 1973/74 fuhren 80 Busse von Privatunternehmern auf zahlreichen HHA-Linien Die bewegte Geschichte der Firmen der Familie Pelka, die im Hamburger Westen zahlreiche Busse insbesondere auf den fahrgaststarken Linien  184 (heute MetroBus 21), 191 und 192 der HHA und auf wenigen Linien der VHH einsetzten, bietet genügend Stoff für einen Aufsatz in der HOV-Rubrik „Verkehrsgeschichte(n)“.

 

Mit dem Wagen 1071, einem DB O 305 aus der zweiten Lieferserie der HHA von 1970, erhält der HOV einen Omnibus, der vom Privatunternehmer Berbig auf Linien der HHA eingesetzt war.

 

Stellvertretend für die Privatunternehmer soll für unser Bild des Monats kurz die 1959 als Reisebusunternehmen gegründete Firma Paul Bösche aus Hamburg-Rahlstedt betrachtet werden. Paul Bösche war im Hamburger Osten auf verschiedenen Linien, u.a. 162, 262, 164, 264, 168, 175, 276 mit eigens für diesen Einsatz beschafften Linienbussen anzutreffen. Der Wagenpark an Stadtbussen bestand bis Oktober 1989 aus fünf Fahrzeugen, die gebraucht aus dem Bestand der HHA stammten. Danach stellte ein Setra-Kombibus S 215 RL die Einsatzreserve zu den nur noch vier Stadtbussen dar. Alle Wagen waren mit Funk ausgerüstet, die Werbeflächen wurden weiter durch die HHA-Tochter Hamburger Verkehrsmittel Werbung GmbH bewirtschaftet. Ein Aufkleber im Einstiegsbereich wies den Fahrgast auf den „Einsatz im Auftrag der HHA“ hin. Die Wagen behielten ihr Kfz-Kennzeichen. Nur die an die Fa. Fuchs und deren Rechtsnachfolger Fa. Utzt gegangenen Busse mussten neue Kennzeichen bekommen, weil für den Bezirk Harburg eine andere Kfz-Zulassungsstelle zuständig war.

 

Im November 1964 erhielt Bösche die ersten drei Magirus-Deutz Saturn II mit dem Wagen 1788 (ex 6788, DB O 302 St, Baujahr 1967) im Juni 1973 bereits den zehnten HHA-Linienbus. Unser Bild des Monats zeigt Wagen 1357 (DB O 305, Baujahr 1973), den 20 .Gebrauchtbus von der HHA, am 1.2.1980 an der Umsteigeanlage U Wandsbek-Markt. Er kam im Februar 1978 zu Bösche.

 

Ab 26.09.1976 erteilte die HHA den Privatunternehmern die Auflage, nur noch bis maximal  acht Jahre alte Busse einzusetzen, so sollte ein hoher Standard sichergestellt werden. Veränderungen im Wagenbestand und erste Vertragskündigungen von Privatunternehmern waren die Folge. Als später die HHA vermehrt eigene Busse mit einer Einsatzzeit von über acht Jahren einsetzte, entfiel für die Privatunternehmer diese Altersbegrenzung. Das Erscheinungsbild der Fahrzeuge der Privatunternehmer war sehr unterschiedlich. Während einige (Berbig, Pelka), die Busse regelrecht verkommen ließen und nur notdürftig instand hielten, wirkten die Fahrzeuge anderer Unternehmen ausgesprochen gepflegt. Die Wagen von Bösche waren immer gepflegt. Das lag auch an den umfangreichen Investitionen in den in Hamburg-Rahlstedt gelegenen Betriebshof. Das Fahrpersonal der Privatunternehmer fiel generell durch ihre lässige Freizeitkleidung (s.Foto) auf.

 

Das Gros der Privatunternehmer war bis Anfang der 1980er Jahre wieder verschwunden – es verblieben nur Fuchs und Bösche.

 

Sparvorgaben des Senats für die in Staatsbesitz befindliche Hamburger Hochbahn AG und die Forderung nach einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit führten dazu, dass die HHA zunächst versuchte, ihre Personalkosten durch Auslagerung / Fremdvergabe von Verkehrsleistungen zu senken. So verlagerte die HHA zum Sommerfahrplan 1988 rund 20.000 Wagen-km / Woche auf die drei der HHA verbundenen Unternehmen Marquardt, TOG und VHH. Zum Winterfahrplan 1989/90 wurden dann bereits 21,4 % der Leistungen von Drittunternehmen erbracht, zum Winterfahrplan 1992/93 waren es schon 30,1 %.   

 

Nach langen und schwierigen Verhandlungen gelang es 1996, eine Reihe von kostensenkenden und produktivitätssteigerenden Maßnahmen zu vereinbaren, die die Wettbewerbsfähigkeit der Sparte Bus verbesserten. Im Gegenzug wurden u.a. Betriebsleistungen in einem nennenswerten Umfang zurückgeholt. Für den Auftragsunternehmer Bösche bedeutete das zum Winterfahrplan 1998/99 aber das Ende der Auftragsfahrten für die HHA. Die Firma Bösche ist heute weiter als Reisebusunternehmen auf den Hamburger Straßen anzutreffen. Die zuletzt von Bösche eingesetzten vier MB O 405 von 1986 wurden verkauft. Als letzter reiner Privatunternehmer verblieb in Harburg die Fa. Utzt (ehemals Fuchs) bis Juni 2002, als dessen Fahrleistungen von der neugegründeten „Süderelbe Bus GmbH“ übernommen wurde, die auch die „Peter Marquardt GmbH“ (Tochter von TOG) ersetzte.

 

Auftragsverkehre bestehen bis heute bei allen Omnibusunternehmen im HVV fort.

                                                                                                                                                        

 

Text: Lutz Achilles / HOV


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