Bild des Monats August
2010
Seit
20 Jahren niederflurig durch Hamburg
Mit der Entwicklung des Standardlinienbusses I Ende der
1960er und seines Nachfolgers, des Standardlinienbusses II in den 1980er-Jahren
wurden zahlreiche Komfortverbesserungen für den Fahrgast erreicht. Auch die
Einstiegsverhältnisse konnten günstiger gestaltet werden, doch es verblieben
zwei Stufen in Ein- und Ausstiegsbereich – ein Hindernis insbesondere für
Mütter mit Kinderwagen und in der Mobilität eingeschränkte
Personen.
Forderungen der Behindertenverbände nach einem weitgehend
uneingeschränkten Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln fanden Ende der 1980er
Jahre zunehmend Beachtung, auch in der Politik. Die Fahrzeugindustrie nahm den
Wunsch nach mehr Mobilität durch niederflurige Fahrzeuge auf und begann nun
verstärkt nach Lösungen für einen barrierefreien Zugang zu suchen. Das galt
gleichermaßen für Omnibusse und Schienenfahrzeuge. Neoplan und die Stadtwerke
München gaben 1987 den Impuls für die Entwicklung moderner Niederflurbusse.
Die einfache Absenkung des Wagenbodens stieß jedoch auf
vielfältige konstruktive Probleme. Bereits Jahre zuvor wurde versucht, bei
Bussen durch kleinere Räder die Einstiegsverhältnisse zu verbessern. Es
verblieb im Ein- und Ausstiegsbereich noch eine Stufe. Und die Bremsen der
kleinen 55%-Bereifung waren zu schwach ausgelegt und die Reifen unterlagen nun
einem erhöhten Verschleiß. In Hamburg dienten hier als Versuchsträger die durch
die HOCHBAHN-Tochter FFG entwickelten und 1979 zur IVA vorgestellten S 80. Für
die sitzenden Fahrgäste mussten die Sitze auf Podesten befestigt werden,
um vernünftige Sichtverhältnisse zu erhalten. Der HOV erhält mit dem
Wagen 1983 einen Omnibus dieser Versuchsserie.
Im Festumzug „150 Jahre Stadtverkehr in Hamburg“ am
07.10.1989 fuhr ein erster auf Basis des MB O 405 entwickelter Niederflurbus
mit, der allerdings wenig Beachtung fand. In einer Presseveranstaltung im
Hamburger Stadtpark stellte die HOCHBAHN dann am 21.05.1990 ihre ersten sechs
niederflurigen Stadtbusse der Öffentlichkeit vor. Es handelte sich dabei um
drei Mercedes-Busse (MB O 405N – Wagen 1001 – 1003) und - als kleine Sensation
– um drei MAN-Busse (MAN NL 202 - Wagen 1004 – 1006). Bei den Mercedes-Bussen
wurden zusätzlich noch Rußfilter erprobt. Am Folgetag begann der Einsatz
der auf dem Betriebshof Mesterkamp (Barmbek) stationierten Niederflurbusse auf
der Linie 179 (U Borgweg – S Poppenbüttel).
Diese ersten Niederflurbusse verfügten über einen
stufenlosen Ein- und Ausstiegsbereich. Gegenüber Hochflurfahrzeugen gelang es
den Wagenboden von 72 auf 32 cm abzusenken. Der Bereich hinter der Mitteltür
blieb aber unverändert und war daher nur über eine Stufe zu erreichen. Die
Sitze waren im Vorderwagen auf Podesten angeordnet. Die heute bekannte Rampe
für Rollstuhlfahrer fehlte noch. Die Fahrzeuge erhielten das 1985 bei den ersten
MB O 405 der PVG eingeführte Farbschema mit rotem Farbstreifen an der
Dachkante. Bei dem am 21.05.1990 auf dem Betriebshof Mesterkamp
aufgenommenen Wagen 1005 (MAN NL 202) ist gut zu erkennen, dass die
Mitteltür noch hinter dem Fensterfeld 3 angeordnet ist, wie das bei allen
Hochflur-Standardlinienbussen immer war. Die nun durchgängig verglasten
Türflügel und die nicht mehr geteilte Frontscheibe waren ein Erkennungsmerkmal
für diese neue Fahrzeuggeneration.
Mitte 1991 erhielt die HOCHBAHN mit den Wagen 1011 – 1023
(alles MB O 405N) weitere Niederflurbusse, die auf mehreren
Veranstaltungen der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Wesentliche Neuerung war
das nun geteilte Fensterfeld 3 mit dazwischen angeordneter Mitteltür. Hierdurch
konnte die Neigung des Wagenbodens im hinteren Bereich verändert werden, um so
die noch aus der Vorgängerserie bekannte Stufe entfallen zu lassen. Eine
weitere Neuerung stellte auch die elektrisch angetriebene Rampe dar, die im
Bereich der Mitteltür angeordnet Rollstuhlfahrern den Zugang erleichterte. Da
sich der Betrieb dieser Rampe zunehmend als störanfällig erwies, wurden diese
später auf von Hand ausklappbare Rampen umgerüstet. Heimatbetriebshöfe für die
Wagen 1011 – 1023 war zunächst Mesterkamp und Harburg. Von hier aus sollten die
Busse bevorzugt auf den gemeinsam mit den Behindertenverbänden ausgesuchten
Linien 179 und 145 (Bf. Harburg – Marmstorf) eingesetzt werden.
Ab Ende 1991 bekam die HOCHBAHN mit den Wagen 1101 – 1184
weitere Niederflurbusse. Eine Vereinbarung der Verkehrsunternehmen im HVV
verpflichtete diese, künftig nur noch Niederflurbusse zu beschaffen. VHH und
PVG erhielten daher ab 1992 ebenfalls Niederflurbusse. 1992 erschienen
auch erste Niederflurgelenkbusse im Straßenbild. Bis 1994 erhielt die HOCHBAHN
insgesamt 423 MB O 405 N und 1996/97 noch einmal weitere 47 des Nachfolgetyps
MB O 405 N2, der sich durch eine zwischen den Türen abgesenkte Fensterlinie
auszeichnete und normalerweise ohne Sitzpodeste im Vorderwagen geliefert wurde.
Die HOCHBAHN behielt die Podeste jedoch bei und konnte dadurch vier zusätzliche
Sitzplätze gewinnen. Mit dem Schnellbus 6502 (MB O 405N, Baujahr 1994) hat der
HOV bereits heute auch einen Niederflurbus in seiner Sammlung historischer
HOCHBAHN-Busse.
Text: Lutz Achilles, HOV