Bild des Monats März 2011

 

 

Der lange Weg zu einem restaurierten Omnibus

 

Unser Bild des Monats zeigt den HOV-Wagen 6495 (Daimler-Benz O 321H, Baujahr 1955) am 31.08.1998, kurz nach seiner erneuten Wiederzulassung, vor dem berühmten Elefantentor in Hagenbecks Tierpark. Bevor dieser restaurierte Omnibus wieder auf die Hamburger Straßen durfte, waren viele Arbeiten zu erledigen. 

 

Die heutige Fahrzeugsammlung des HOV nahm ihren Anfang im Februar 1976 mit der Beschaffung von Wagen 6500 (Daimler-Benz O 319 D). Wie auch schon im „Bild des Monats Januar 2011“ berichtet, kamen im Laufe der nächsten Jahrzehnte zahlreiche weitere Omnibusse hinzu, auch wenn einige nur als Ersatzteilspender dienen sollten. Das bis heute verfolgte Ziel, die Entwicklung des Omnibusbaus in Deutschland - wie ihn die Hamburger Fahrgäste erlebt haben – durch Originalfahrzeuge darzustellen, bedeutete häufig eine jahrelange Suche nach geeigneten Fahrzeugen, immer wieder verbunden mit Rückschlägen.

 

In der Sammlung fehlen sollte hierbei nicht der 1955 auf den Hamburger Straßen erstmals aufgetauchte DB O 321H, der erste in selbsttragender Bauweise hergestellte Omnibustyp in Hamburg. Die Hamburger Hochbahn AG eröffnete im Oktober 1955 mit diesem Fahrzeugtyp die erste Hamburger Schnellbuslinie. Auch wenn die HOCHBAHN 60 Stadtbusse von diesem Typ beschaffte, lag es doch nahe, sich um einen der 102 ehemaligen Schnellbusse zu bemühen. Doch hatte dieser Fahrzeugtyp bereits Ende 1962 Hamburg verlassen. HOV-Mitglieder wussten aber von dem ehemaligen Schnellbus 6283 (Baujahr 1958) in Wien beim Verkehrsbetrieb Dr. Richard. Die Übernahme des gut erhaltenen Fahrzeugs zerschlug sich bedauerlicherweise im Herbst 1980, als bekannt wurde, dass der Bus als Museumsfahrzeug in Wien bleiben sollte. Später gelangte das Fahrzeug an das neugegründete Österreichische Omnibusmuseum des Dr. Lösch und ist heute aufgrund der jahrzehntelangen Freiaufstellung leider nur noch eine Ruine.

      

1988 bot sich wieder die Chance einen DB O 321H zu erwerben, allerdings kein Original aus Hamburg, sondern einen Bus von 1955, der zu ca. 90 Prozent den damals durch die HOCHBAHN beschafften Stadtbussen entsprach. Der Wagen 18 der Stadtwerke Konstanz, zuletzt in Ravensburg als Fahrschulwagen im Einsatz, befand sich in einem Zustand, der eine Restaurierung möglich erschienen ließ. Im Herbst erreichte der Wagen auf eigener Achse Götzberg, den damaligen Standort des HOV.

 

Eine von einem Mitglied sogleich vorgenommene Untersuchung des Fahrzeuges ergab, dass der Bus im Zuge einer Totalrestaurierung zu einem „Hamburger Wagen“ hergerichtet werden konnte. Hierfür benötigte Teile waren schon auf Lager oder konnten noch beschafft werden.  Lediglich die vorhandenen vierzehn Schiebefenster ließen sich wegen fehlender Ersatzteile nicht entsprechend umbauen.

 

Zu Beginn jeder Fahrzeugrestaurierung ist festzulegen, wie umfangreich die Restaurierung werden soll. Nur fahrbereit, als Standmodell oder so weitgehend, dass eine technische Wiederzulassung möglich wird. Aufgrund des Erhaltungszustands, aber auch weil eine Anpassung an die Hamburger Verhältnisse vorgesehen war, musste eine Totalrestaurierung angestrebt werden. Allerdings war eine Wiederzulassung mit Fahrgasteinsatz zunächst nicht vorgesehen.

 

Der HOV verfügt - damals wie heute - über keine Werkstatt, wie man sie von Verkehrsunternehmen her kennt. Von beheizbaren Arbeitsplätzen und Wartungsgruben ganz zu schweigen. Diese fehlenden Voraussetzungen müssen durch viel Elan und Improvisationsvermögen ersetzt werden, auch wenn sich mit der heutigen Unterbringung der Fahrzeuge einzelne Rahmenbedingungen verbessert haben. Geblieben ist, dass die  Omnibusse „weit vor den Toren Hamburgs“ stehen und der Anfahrtsweg ein spontanes Vorbeikommen verhindert. Dieses Manko führte dazu, dass sich der Instandsetzung von Wagen 6495 nur ein Mitglied verschrieb. Deswegen dauerte die Restaurierung rund sechs Jahre mit mehreren Tausend Arbeitsstunden des Mitglieds. Bei dem Fahrzeug waren u.a. alle Haupt-, Längs- und Querträger, sowie die Verblechung durchgerostet. Ein Großteil der Arbeiten machte daher die Verarbeitung von vielen Metern neuer Stahlträger und -rohre erforderlich. Die hierfür notwendigen  Kenntnisse in der Schweißtechnik konnten zuvor nur durch das Absolvieren eines mehrmonatigen Schweißer-Lehrgangs erlangt werden. Für einzelne Arbeiten, wie z.B. Sandstrahlen und Verzinken der Rahmen-Bodengruppe, Neulackierung, Polsterarbeiten  und Verchromung von Teilen mussten Fremdfirmen beauftragt werden. Die hierdurch und durch das Material entstehenden Kosten wurden von dem Mitglied allein privat getragen. Die Aufführung sämtlicher Arbeitsschritte würde den Rahmen für diesen Artikel sprengen. Eine Dokumentation mit Fotos ist auf unserer Internetseite geplant.

 

Mit vielen Mühen entstand so bis 1994 ein vorbildlich restaurierter Stadtomnibus, wie er vor über 50 Jahren durch Hamburg fuhr und ein Unikat, denn es handelt sich – soweit bekannt - um den letzten vorhandenen DB O 321H-Linienbus in Deutschland. Mit Unterstützung des HOV-Mitglieds HOCHBAHN konnte der Omnibus von 2000 bis 2006 im Fahrgastverkehr eingesetzt werden. Da ein solcher Einsatz zunächst nicht geplant war, führte der Betriebseinsatz zu unvorhersehbarem Verschleiß an wichtigen Teilen des Omnibusses, die einen weiteren Betrieb im Fahrgasteinsatz nicht mehr für vertretbar erschienen ließen. Auch gestaltet sich die Beschaffung von Ersatzteilen immer schwieriger.

 

Der Leser sollte sich von diesen Zeilen aber nicht abschrecken lassen, an der Erhaltung von historischen Schätzen mitzuwirken. Es finden sich meist Arbeitsschritte, die auch von ungeübten, handwerklich nicht sonderlich Begabten ausgeführt werden können und das Gesamtprojekt befördern. Nur Mut! Es lohnt sich, ein Stück Geschichte zu erhalten. Und wer sich doch die aktive Mitarbeit nicht zutraut, für Spenden sind wir – und andere Museumsvereine - stets dankbar.

 

                                                 Text: Lutz Achilles / HOV          


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