Bild des Monats Juni 2011
10 Jahre MetroBus in
Hamburg
Unter
das Motto „wenigstens Busfahren wird einfacher“ stellte der Hamburger
Verkehrsverbund (HVV) im Frühjahr 2001 seine Marketingkampagne zur Einführung
des Metrobus in Hamburg. Neben Plakatwerbungen und Anzeige in den Tageszeitungen
wurde an über 600.000 Haushalte einer der zehn auf das jeweilige Verkehrsgebiet
abgestimmten Prospekte verteilt. Hinzu kamen Liniennetzübersichten und zwei
speziell für die Mitarbeiter der Verkehrsverbundunternehmen gestaltete
Informationen, um breit aufgestellt zu sein, für die Einführung eines weiteren
Produkts im Hamburger Busverkehr. Das Ziel, das vielfältige Busangebot in
Hamburg für die Kunden übersichtlicher, die Nutzung einfacher zu gestalten und
so weitere Fahrgäste zu gewinnen, bescherte den Nutzern im Hamburger
Verkehrsverbund im Großbereich tagsüber neben StadtBus, SchnellBus und EilBus
mit dem MetroBus ein weiteres Produkt. Im Februar 2001 hat sich der HVV die
Wortmarke „HVV Metrobus“ schützen lassen.
Mit
Beginn des Sommerfahrplans 2001 am 10.06.2001 nahmen die drei großen Anbieter
von Busverkehren im HVV, die HOCHBAHN, VHH und PVG den Betrieb auf einem
neugestalteten Netz aus 22 Buslinien auf, die 29 Stadtbuslinien (teilweise)
ersetzten und auch auf neuen Strecken verkehrten. Im Auftrag des HVV
entwickelte die HOCHBAHN-Tochter Hamburg-Consult das MetroBus-Konzept, das sich
an den Bedürfnissen der Fahrgäste orientieren und so neue Fahrgäste gewinnen
helfen sollte, das aber nicht zu Lasten eines anderen Verkehrsträgers im HVV..
Das
klare Angebot an die Fahrgäste bedeutete
1.Direkte, schnelle Verbindungen
2.Hohe Anschluss-Sicherheit beim Umsteigen durch vereinheitlichte Takte
3.Ein dichter Takt, zuverlässig und leicht zu merken
4.Neue Verbindungen
5.Ein leistungsfähiges Busnetz als Ergänzung im
Schnellbahnnetz
Durch
einen garantierten 10-Minuten-Takt auch in den Tagesrandlagen (bis 21:00 Uhr)*
im Gesamtnetz, mit Ausnahme einzelner Teilstrecken in den Randbezirken,
verfügen so Metrobus und Schnellbahnen über einen einheitlichen Grundtakt, was den
Fahrgästen den Übergang innerhalb der beiden Netze, auch ohne aufwendige
Anschlusssicherung, erleichtert. Anders als in Berlin, wo seit 2004 ein
Metrobussystem besteht und den Metrobuslinien ein „M“ der Liniennummer
vorangestellt wird, blieb in Hamburg zur besseren Orientierung die obere Reihe
der zweizeiligen Zielbeschilderung der Busse dem jeweiligen Produktnamen
vorbehalten, allerdings nicht so bei den Stadtbuslinien, die sich
aufgrund ihrer dreistelligen Liniennummer bereits von den übrigen Busprodukten
unterscheiden. Alle Haltestellenschilder im HVV-Gebiet zeigten nach einer
kurzen Übergangszeit die Liniennummern in einer neugestalteten Form, um auch
hier den Fahrgästen die Orientierung zu erleichtern.
Das
Hamburger Schnellbahnnetz besteht historisch bedingt aus auf die Innenstadt
ausgerichteten Radiallinien. Leistungsfähige Querverbindungen im
Schienenverkehr fehlen meist. Seit den 1990er-Jahren gab es im Busverkehr
vermehrt einzelne Tangentiallinien, die nun im Metrobusnetz noch ausgebaut wurden.
Und eine weitere wesentliche Neuerung war jetzt der teilweise Verzicht auf den
sogenannten gebrochenen Verkehr, der dem (Stadt-)Bus weitgehend nur eine
Verteiler- und eine Zubringerfunktion zur Schnellbahn zuweist. Seit den
1970er-Jahren stellen hier aber einzelne Stadtbuslinien eine Ausnahme dar, wenn
sie – im Vorgriff auf nicht verwirklichte Schnellbahnplanungen –
leistungsstarke Straßenbahnlinien ersetzten. So kann es den aufmerksamen
Beobachter nicht verwundern, wenn sich diese ehemals von Straßenbahnen
befahrenen Strecken jetzt weitgehend im Metrobusnetz wiederfinden. Eine
Ausnahme stellt hier die Stadtbuslinie 109 (ehemals Straßenbahnlinie 9) dar,
die allerdings seit 1991 – mit weiteren Linien - zum sogenannten
Kernbusnetz gehört, mit einem täglich garantierten 10-Minuten-Takt bis 23 Uhr.
Durch Zusammenlegung einzelner Strecken erhielten die einzelnen Metrobuslinien
zum Teil beachtliche Linienlängen, die nun aber auch mehr Direktverbindungen
erlaubten. Die dadurch bedingte erhöhte Verspätungsanfälligkeit konnte bisher
nur auf Teilstrecken durch gezielte Lichtzeichenbeeinflussung verringert
werden.
Die
Verbindungen in die Innenstadt und die Stadtteilzentren erhielten die (von
West nach Süd im Uhrzeigersinn) Liniennummern 1 – 14, die Tangentialverbindungen
die 20 – 27. Das Metrobusnetz setzte sich 2001 wie folgt
zusammen:
1 S Rissen – Bf. Altona (ersetzt Linie 187)
2 Schenefeld (Mitte) – Bf. Altona (ersetzt Linie 188, ex Straßenbahnlinie 1)
3 Schenefelder Platz – U Meßberg (ersetzt Linie 111, ex Straßenbahnlinie 11)
4 Eidelstedt (Nord) – Rathausmarkt (ersetzt Linie 182, ex Straßenbahnlinie 3)
5 A Burgwedel – Hauptbahnhof/ZOB (ersetzt Linie 102 und 191 (Teil), ex Straßenbahnlinie 2)
6 U Borgweg – U Rödingsmarkt (ersetzt Linie 108, ex Straßenbahnlinie 1)
7 Steilshoop – U/S Barmbek (ersetzt Linie 272, ex Teilstrecke Straßenbahnlinie 6)
8 S Poppenbüttel – U Wandsbek Markt (ersetzt Linie 165, ex Teilstrecke Straßenbahnlinie 5)
9 Großlohe – U Wandsbek Markt (ersetzt Linie 164, ex Teilstrecke Straßenbahnlinie 3)
10 Willinghusen – U Wandsbek Markt (ersetzt Linie 263, ex Teilstrecke Straßenbahnlinie 16)
11 Neuschönnigstedt – U Billstedt (ersetzt Linie 133)
12 Geesthacht, Oberstadt – U Billstedt (ersetzt Linie 131 (Teil) und 132)
13 S Veddel – Kirchdorf (Süd) (ersetzt Linie 155, ex Teilstrecke Straßenbahnlinie 2)
14 Eißendorf – S Maschen (ersetzt Linie 243, ex O-Bus Linie 43)
20 Bf.Altona – S Rübenkamp (ersetzt Linie 113, ex Teilstrecke Straßenbahnlinien 14 und 15)
21 S Klein Flottbek – U Niendorf Nord (ersetzt Linie 184)
22 S Blankenese – U Kellinghusenstraße (ersetzt Linien 189 (Teil) und 190)
23 U Niendorf Markt – U Billstedt (ersetzt Linie 213)
24 U Niendorf Markt – S Rahlstedt (ersetzt Linie 374 und Teile von 291, 274, 174 und 175)
25 Hoheluft – U Burgstraße (ersetzt Linie 106, ex Straßenbahnlinie 14)
26 Flughafen – S Rahlstedt (ersetzt Linie 268, ex Teilstrecke Straßenbahnlinie 9)
27
S Wellingsbüttel – U Billstedt
(ersetzt Linie 167)
Die
Linien verteilen sich auf die einzelnen Konzessionsinhaber PVG (Linien 1 bis 3,
21, 22), VHH (Linien 11 und 12) und HOCHBAHN (übrige). Die Einführung des
Metrobus brachte auch eine Leistungsausweitung von zunächst 2,3 Millionen
zusätzlichen Wagenkilometern jährlich, davon Anteil HOCHBAHN 1,2 Millionen.
Erwartet wurde ein Fahrgastzuwachs von zwei bis fünf Prozent. Durch die gut
vorbereitete Einführung gelang die Umstellung nahezu problemlos. Die Fahrgäste
gewöhnten sich schnell an das neue Liniennummernsystem und das neue Produkt
wurde so zu einem positiven Imageträger für den HVV. Und die Prognosen sollten
sogar noch übertroffen werden. Eine Überprüfung in 2005 ergab, dass werktäglich
40.000 zusätzliche Fahrgäste ( + 9,6 Prozent) gegenüber den früheren
Stadtbuslinien den Metrobus nutzen. Auf die Radiallinien 1-14 entfielen 6
Prozent neue Fahrgäste, die Tangentiallinien (20-27) konnten sogar einen
Fahrgastzuwachs von 16 Prozent verzeichnen. Das beweist die Richtigkeit mit dem
Metrobusnetz auch die Querverbindungen im Stadtgebiet auszubauen. Im Zeitraum 2001
bis 2007 betrug der Zuwachs bereits 17 Prozent. Und dieser Trend zu mehr
Fahrgästen setzt sich bis heute fort und führte zu einer Leistungsausweitung
der Metrobusse und einzelner Veränderungen in der Linienführung. Eine Folge ist
aber, dass der einheitliche 10-Minuten-Takt tagsüber, insbesondere in den HVZ,
auf einzelnen Linien durch Taktverdichtungen uneinheitlich geworden ist.
Weiterentwicklung des Metrobus-Netzes:
15.12.2002
Linie 3 wird mit allen Fahrten über Rathausmarkt geführt.
Linie 6 erhält als zusätzlichen Endpunkt die HafenCity.
16.06.2003
Linie 21 wird Mo-Fr mit einzelnen Fahrten zum Fähranleger Teufelsbrück
(Anbindung Airbus) geführt.
14.12.2003
Linie 14 wird auf Gelenkbusbetrieb umgestellt, deswegen Abschnitt Fleestedt – S
Maschen an neue Stadtbuslinie 343 mit Anschluss an Metrobus, Teilstrecke in
Eißendorf an Stadtbuslinie 443.
12.12.2004
Linie 10 ersetzt Stadtbuslinie 163 (U Wandsbek Markt – Jenfeld), ursprüngliche
Strecke übernimmt (wieder) die neue Stadtbuslinie 263.
17.12.2004
Teilstrecken des Metrobusnetzes werden in die Nachtdurchfahrt der
Schnellbahnlinien an Wochenenden mit einbezogen.
23.05.2005
Linie 3 erhält neuen Endpunkt in der Speicherstadt, später in der HafenCity
10.12.2006
Linie 25 wird zur Verstärkung der Linie 20 als Halbringlinie bis Bf. Altona
verlängert, der Abschnitt Hoheluft – Bf. Altona wird zur Stammstrecke der Linie
25.
27.10.2008
Linie 4, 6, 7 und 23 – Taktverdichtung
14.12.2008
Linie 3 wird durch Osdorfer Born geführt
Linie 4 Mo-Fr mit jeder zweiten Fahrt von Rathausmarkt bis HafenCity verlängert
Neue Linie 15 (S Klein-Flottbek – Alsterchaussee) ersetzt Stadtbuslinie 115 (ex Straßenbahnlinien 7 und 8)
14.04.2009
Linie 15 und 22 – Taktverdichtung
14.12.2009
Linie 25 Mo-Fr bis S Hammerbrook verlängert
05.06.2011
Linie 2 von Schenefeld (Mitte) bis Schenefeld, Achterndiek verlängert (ersetzt
teilweise Linie 186)
Unser
Bild des Monats zeigt den Doppelgelenkbus 8709 (Van Hool AGG 300,
Baujahr 2007) der HOCHBAHN auf der Metrobuslinie 5, wie er am Nachmittag
des 30.05.2011 die Haltestelle U Hoheluftbrücke erreicht. Im
Hintergrund erheben sich die Grindel-Hochhäuser, die ersten Hochhäuser
Hamburgs. Ende der 1940er-Jahre begann deren Bau auf geräumten Trümmerflächen.
Ursprünglich für die britische Besatzungstruppe bestimmt, boten sie später den
Hamburgern begehrten Wohnraum mit damals ungeahntem Luxus. Der Bus hat hier –
wie früher die Straßenbahnlinie 2 – eine eigene Trasse. Das hohe
Fahrgastaufkommen von rund 60.000 Fahrgästen am Tag mit vielen Barzahlern und
ungünstiger Ampelschaltung führt immer wieder zur Pulkbildung bei den Bussen.
Hieran hat auch die Einführung der Doppelgelenkbusse ab 2006 wenig geändert.
Die HOCHBAHN verfügt heute über 26 Busse dieses Typs. Aufgrund der
überdurchschnittlichen Ausfallquote der Fahrzeuge müssen auf dieser Linie
werktags noch immer herkömmliche Gelenkbusse eingesetzt werden. Für 2011 ist
die Beschaffung von zwei weiteren Doppelgelenkbussen der Firma Hess in
Hybridausführung vorgesehen.
Die
Umwandlung der PVG-Stadtbuslinie 115 zur Metrobuslinie 15 war Teil einer in
2007 vom HVV durchgeführten Busnetzüberplanung, die auch die Verlängerung und
Neueinrichtung von Stadtbuslinien vorsah. Bis heute konnten wesentliche, aber
noch nicht alle Punkte dieser Planungen umgesetzt werden. So fehlt auch noch
die beabsichtigte Verlängerung der Linie 15 über Winterhude nach Farmsen als
neue Tangentialverbindung. Allerdings würde diese Linie über Straßen führen,
die besonders unter der in Hamburg allgemein nicht vorhandenen Parkdisziplin
der Autofahrer leiden.
Einer
Taktverdichtung sind aufgrund der hohen Personalkosten im Busbereich
wirtschaftliche Grenzen gesetzt. Auch der vermehrte Einsatz von Gelenkbussen,
seit 2006 auch von Doppelgelenkbussen auf der Metrobuslinie 5, brachte nur auf
Zeit eine Entspannung. Deswegen war es folgerichtig, dass in Hamburg wieder die
Planungen für die Einführung einer modernen Straßenbahn als Stadtbahn
aufgenommen worden sind, um so den Fahrgästen künftig ein elektrisches, leistungsfähiges,
komfortables und wirtschaftliches schienengebundenes Verkehrsmittel in der
Oberfläche anbieten zu können. Aber wie so oft, in Hamburg benötigen Neuerungen
stets längere Zeit, derzeit ruhen die Planungen aufgrund des
Regierungswechsels.
Die
Grundüberlegungen zu einem neuen Bussystem führten 2004 zu vergleichbaren
Konzepten in Berlin und München. Aber auch in kleineren Städten im Bundesgebiet
gibt es heute ähnliche Systeme. Und Berlin hat den Beweis erbracht, dass hier
eine Verknüpfung von Bus und Straßenbahn in einem solchen System möglich
ist.
Auch
hat die Einführung der Metrobusse in Hamburg, Berlin und München
Rechtsgeschichte geschrieben. Wie oben dargestellt, hatte der HVV sich die
Wortmarke „HVV Metrobus“ schützen lassen. Das Handelsunternehmen METRO, seit
1995 Inhaber der Wortmarke „Metro“ für die „Veranstaltung und Vermittlung von
Reisen, …“ und seit 2000 auch Inhaber der Marke „Metrorapid“ für
„Transportwesen, Werbung, …“ verklagte auch deswegen die HOCHBAHN und den HVV
auf Unterlassung wegen angeblicher Verletzung der Markenrechte des
Handelskonzerns durch Verwendung des Begriffes Metrobus. Weitere Klagen mit
vergleichbarem Inhalt richteten sich auch gegen die BVG und die Münchener
Verkehrsgesellschaft (MVG).
Mit
Urteilen vom 05.02.2009 entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe weitgehend
zugunsten der Verkehrsunternehmen (Az in Sachen Hamburg I ZR 167/06). Der BGH sah in der Verwendung der Bezeichnung
„Metrobus“ im Zusammenhang mit Transportleistungen im Bereich des
Personennahverkehrs keine Verwechslungsgefahr und damit keine Verletzung mit
den vom METRO-Konzern gehaltenen Markennamen. Lediglich eine mögliche
weitergehende Verwendung der Bezeichnung „Metrobus“ für nicht im Zusammenhang
mit Transportleistungen stehende Waren und Dienstleistungen sei nicht zulässig.
Text: Lutz Achilles / HOV