Bild des Monats September 2011

 

 

(Fast) Alles ändert sich

 

„Wir bewahren ein Stück Hamburger Stadtgeschichte!“, unter diesem Motto steht die Arbeit der 44 Mitglieder des vor 35 Jahren gegründeten Hamburger Omnibus Vereins. Neben dem Erhalt von 23 in Hamburg eingesetzten Stadt-Omnibussen gehört dazu auch die Dokumentation der Geschichte des Hamburger Nahverkehrs in Wort und Bild. Insbesondere Bilddokumente sind dazu geeignet, den ständigen, häufig nur schleichend voranschreitenden Wandel im Stadtbild aufzuzeigen. So auch das aktuelle Bild des Monats.

 

Am 29.05.1981 steigen in Alsterdorf an der Haltestelle Sengelmannstraße Fahrgäste in den auf der Stadtbuslinie 109 fahrenden Schnellbus Wagen 6543, Daimler-Benz O 305, Baujahr 1975 ein. Vielleicht nicht nur die Fahrgäste fragten sich damals, warum das HOV-Mitglied diese Verkehrsszene auf einem Foto festhielt. Zunächst sicherlich, weil hier ein Schnellbus auf einer Stadtbuslinie im Einsatz war. Ein Umstand der aber bis heute aus betrieblichen Gründen immer wieder vorkommt – wie auch umgekehrt.

 

Man kann gut erkennen, dass die Einstiegsverhältnisse für die Fahrgäste ungünstig sind, weil sie nicht von einem erhöhten Gehweg in den Bus steigen können. Eine Situation, die  auch heute häufig zu beobachten ist, wenn ein Bus aufgrund rücksichtslos parkender Autofahrer den Haltestellenbereich nicht ordnungsgemäß anfahren kann. Hier hatte das aber andere Gründe. Die Stadtbuslinie 109 löste 1974 aufgrund politischer Vorgaben und unter Protest der Fahrgäste die Straßenbahnlinie 9 ab. Entlang der Sengelmann- und Zeppelinstraße verfügte die Straßenbahn über einen eigenen Bahnkörper.Unmittelbar nach der Stilllegung der Straßenbahn begann in der Sengelmannstraße auf der Straßenbahntrasse der Bau der Busspuren, so auch im Bereich der Haltestelle Sengelmannstraße (heute:Sengelmannstraße (Mitte)). Busse können nicht so spurgenau wie Schienenfahrzeuge fahren, auch sind sie breiter, so dass gleich zu Beginn der Umstellung der an der Haltestelle vorhandene Gehweg abgesenkt werden musste, um einen reibungslosen Betrieb zu ermöglichen. Aufgrund der Schwere der Busse kam es hier regelmäßig zur Spurrillenbildung, so dass der Bereich immer wieder überasphaltiert werden musste. Die Einstiegsverhältnisse für die Fahrgäste verschlechterten sich so nach und nach weiter.

 

Diese Buslinie hatte trotzdem ihre Fahrgäste, bot sie doch – wie vorher die Straßenbahn – eine bequeme Direktverbindung vom Flughafen in die Innenstadt. In 35 Minuten konnten damals die Fahrgäste vom Flughafen zum Hauptbahnhof über Rathausmarkt gelangen, im Vergleich dazu benötigt die S-Bahn heute für die Fahrt vom Hauptbahnhof zum Flughafen zwar nur 25 Minuten, aber ohne weitere Verkehrserschließung des Flughafenumfeldes und der umliegenden Wohnviertel.

 

Der 1911 in Fuhlsbüttel eröffnete Flughafen verfügte seit dem 17.05.1928 über eine Straßenbahnanbindung, die ihre Leistungsfähigkeit aufgrund der im Vergleich zu heute noch geringen Fluggastzahlen aber nur selten beweisen konnte. Auch hatte sie zuletzt für die Flughafenbetreiber einen geringen Stellenwert, wurde doch um 1972 die gut sichtbare und zentral vor dem Flughafeneingang gelegene Haltestelle zugunsten von Parkplätzen nach Norden an eine abgelegene Position zum Erdkampswegverschoben. Am 24. / 25. 09. 2011 wird der Flughafen seinen 100. Geburtstag feiern und die S-Bahn kann ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Der HOV wird voraussichtlich auch vertreten sein. Näheres finden Sie auf unserer Homepage.

 

Die Direktverbindung vom Flughafen zur Innenstadt mit einem Linienbus zum HVV-Tarif endete hier zum Winterfahrplan 1983/84, als die Stadtbuslinie 109 wegen Umstellung auf Gelenkbusbetrieb den Abschnitt Flughafen - U Alsterdorf verlor und die Stadtbuslinien 117 und 217 diesen übernahmen. Heute verkehrt hier die Metrobuslinie 26 mit einem 20-Minuten-Takt.

 

Mit der Stilllegung der Straßenbahn wurde der eigene Gleiskörper entlang der Zeppelinstraße zu einem wilden Parkplatz. In den 1980er Jahren begann die stückweise Umwidmung der im Bereich der Sengelmannstraße auf dem Gleiskörper der Straßenbahn angelegten Busspuren in eine normale Straße, so dass seitdem der Bus mit den zahlreichen Pendlern in der HVZ im Stau steht. Als letztes verschwand 2001 die eigene Busspur im Bereich der Haltestelle Sengelmannstraße zugunsten einer für den Individualverkehr verbesserten Straßenführung. Dieser Bereich wurde grundlegend umgebaut, vieles änderte sich dadurch. Lediglich die im Hintergrund stehenden Bäume konnten erhalten werden. Und nur das Foto erinnert an die frühere Nutzung dieser Verkehrsfläche.

 

Text: Lutz Achilles, HOV


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