Bild des Monats Juni 2012
Mit
der Hochbahn „querfeldein“
In
unserem „Bild des Monats März 2012“ sind wir schon auf das hundertjährige
Bestehen der Hamburger U-Bahn in diesem Jahr eingegangen. Mit dem aktuellem Bild
wollen wir noch einmal auf das Thema zurückkommen, dieses Mal aber mit einer zu
Beginn der 1920er-Jahre entstandenen Ansichtskarte, die einen echten
Hamburger U-Bahnzug im Einsatz zeigt.
Ein
aus drei T-Wagen bestehender Zug hat soeben die im Hintergrund liegende Haltestelle
Sierichstraße verlassen, um sich auf einer Gefällestrecke der über die
Strecke geführten Maria-Louisen-Straße zu nähern. Dieser Teil von Winterhude
gehörte früher dem Großgrundbesitzer Adolph Sierich, der das Gebiet für den
Wohnungsbau erschloss. Einzelne Straßen in der Nähe führen bis heute die Namen
von Adolph Sierich und dessen Familienangehörigen.Die Haltestelle Sierichstraße
zeigt das damals für die Hochbahn-Haltestellen typische Zugangsgebäude mit
Treppenhaus, davor liegt die Brücke über die Dorotheenstraße.
Die
Front des führenden Wagens weist noch die gut sichtbaren Steuer- und
Bremsleitungen, die Mittelpuffer-Bolzenkupplung und ein vorgehängtes
Richtungsschild auf. 1925, mit der 10. Lieferung von U-Bahnwagen,führte die
HOCHBAHN einen an der Front befestigten Kasten für die Richtungsschilder und
1926 mit der 11. Lieferung eine vollautomatische Mittelpufferkupplung Bauart
Scharfenberg und einen verbesserten Kletterschutz ein. Die an der Front
befestigten Leitungen verschwanden damit. Ab 1926 wurden alle Wagen früherer
Lieferungen mit diesen Neuerungen nachgerüstet, die das Erscheinungsbild der
Hochbahnwagen über Jahrzehnte prägten.
Dieser
Teil der Ringstrecke folgte nicht schon vorhandenen Straßenzügen, sondern
führte „querfeldein“ und durchschnitt das Gelände, die hier (noch nicht)
sichtbare Bebauung passte sich der Streckenführung später an. Gegenüber heute
fällt auf, dass die Strecke damals frei von dichtem Bewuchs war und die Bäume
entlang der Strecke noch einen großen Abstand zu den Gleisen aufwiesen. Die
Natur hat sich nach Jahrzehnten hier ihren Teil zurückgeholt. Hieraus ergibt
sich für die HOCHBAHN-Mitarbeiter aber heute ein erhöhter Aufwand durch Busch-
und Baumbeschnitt und das regelmäßige Überprüfen der Standsicherheit der Bäume,
um so jederzeit einen sicheren Betriebsablauf zu gewährleisten. Bei extremen
Wetterlagen sind aber Betriebseinschränkungen durch umgestürzte Bäume nicht
auszuschließen, wie hier zuletzt im Februar 2012. Aber die Fahrgäste müssen
gelegentlich auch Betriebseinschränkungen wegen notwendiger
Instandhaltungsarbeiten an der Strecke hinnehmen. Eine länger andauernde
Sperrung erwartet die Fahrgäste der Ringstrecke (heute U3) jetzt in der Zeit
vom 07.06. bis 28.08.2012. Im Rahmen des Projekts „Winterhuder Brücken“ wird
der Nordring zwischen Barmbek und Kellinghusenstraße vollständig gesperrt und
durch Busse ersetzt. Es werden folgende Arbeiten durchgeführt:
·
Erneuerung der U-Bahn-Brücken
Saarlandstraße (Baujahr
1909 und1926)und Sierichstraße(1909/10)
·
Instandsetzung der Brücke
Dorotheenstraße (gebaut
1909/10)
·
Sanierung der Haltestellen
Saarlandstraße und Sierichstraße
·
Austausch von Schwellen und Schienen
·
Modernisierung der Signaltechnik
Der
von den Fahrgästen erhoffte barrierefreie Umbau der beiden Haltestellen und die
Schaffung eines weiteren Abgangs von der Haltestelle Sierichstraße zu den
Bushaltestellen in der Dorotheenstraße unterbleiben zunächst aus Kostengründen.
Vor
hundert Jahren, am 29.06.1912, wurde mit der Inbetriebnahme der letzten
Teilstrecke von St. Pauli (Millerntor) bis Rathaus (Rathausmarkt) der Hamburger
U-Bahnring vollendet. Auch an diesem Jahrestag wird die HOCHBAHN ihren
historischen Zug im Fahrgastbetrieb einsetzen, allerdings nur zwischen Barmbek
und Kellinghusenstraße über Rathaus. Der HOV schließt an diesem Tag mit
einigen Museumsbussen im U-Bahn-Ersatzverkehr die Lücke im U-Bahnring.
Text: Lutz Achilles / HOV