Bild des Monats Juli 2012
Fünf
lindgrüne Busse in Hamburg
Seit
Mai 2012 können Fahrgäste der Metrobuslinie 13 zwischen S Veddel und Kirchdorf
(Süd) mit lindgrünen Gelenkbussen, die abweichend von den bisher hier
eingesetzten Bussen über eine schmale Schwenk-Schiebetür im Einstiegsbereich
verfügen, über Teile von Europas größter Flussinsel fahren. Wie ist es dazu
gekommen?
Die
Deregulierung des europäischen und damit auch des deutschen ÖPNV-Markts in den
1990er-Jahren führte bei den Verantwortlichen der HOCHBAHN zu der Überzeugung,
die Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft und deren künftiges Fortbestehen nur
durch Umsetzen einer konsequenten Restrukturierung, die zu einer stetigen
Steigerung des Kostendeckungsgrads der Gesellschaft führt und durch Expansion
in neue Ertragsbringende Geschäftsfelder außerhalb Hamburgs zu erreichen. Der
im Umbruch befindliche Nahverkehrsmarkt Deutschlands eröffnete der HOCHBAHN und
anderen Anbietern Perspektiven sowohl im Bus- als auch im Schienenpersonennahverkehr.
Umfangreiche
Marktanalysen und ab 1999 die erste Teilnahme an einem Ausschreibungsverfahren
für Schienenpersonennahverkehrsleistungen (SPNV) in Schleswig-Holstein folgte.
Gemeinsam mit lokalen Partnern gelang es zur Jahrtausendwende, einzelne
Ausschreibungsverfahren zu gewinnen. Es kam zur Gründung erster regionaler
Tochtergesellschaften, die HOCHBAHN wurde zu einem Eisenbahnverkehrsunternehmen
(EVU). Erste Betriebsaufnahmen im Eisenbahnsektor begannen im Dezember 2002 mit
der NBE Nordbahn Eisenbahngesellschaft mbH & Co KG (Mitgesellschafter AKN)
auf der in Teilen reaktivierten Eisenbahnstrecke Neumünster – Bad Oldesloe und
in Mecklenburg mit der neu gegründeten ODEG Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft
mbH (Mitgesellschafter Prignitzer Eisenbahn) zwischen Hagenow und Neustrelitz –
Mirow.
Anders
als im Schienenverkehr, war der Wettbewerb im Busbereich zu dieser Zeit weniger
durch ausgeschriebene Fahrleistungen als durch Firmenaufkäufe von überregional
tätigen Gesellschaften geprägt. Ein wichtiges Kriterium der HOCHBAHN war hier
die „Restrukturierungswilligkeit der Gesellschafter“. Als Teil von
Bietergemeinschaften gelang es so, ab 2003 Beteiligungen am Stadtverkehr Lübeck
und der Kieler Verkehrsges. mbH zu erwerben. In den Folgejahren folgten
erfolgreiche Teilnahmen an Ausschreibungen regionaler Verkehrsleistungen im
Bundesgebiet, so auch 2004 für den Busverkehr in der Stadt Fulda und dem
angrenzenden Landkreis. Hierzu wurde am 23.08.2004 die FBG Fulda Bus GmbH
gegründet, die am 12.12.2004 mit 30 Mitarbeitern und 28 Bussen den Betrieb
aufnahm. Die FBG beschafften nach negativen Erfahrungen mit gebrauchten, für
die dortige Topografie untermotorisierten HOCHBAHN-Bussen in Wiesbaden hierfür
ausschließlich Neufahrzeuge.
Die
erfolgreiche Übernahme weiterer Verkehrsleistungen führten Anfang 2007 zur
Ausgliederung des Teilbetriebs „Expansion“ aus der Muttergesellschaft Hamburger
Hochbahn AG und zur Gründung der Tochtergesellschaft „BeNEX GmbH“ (Better Nexus = bessere Verbindung) als Holdinggesellschaft. Mitte 2007 fand sich nach
einem mehrstufigen Beteiligungsverfahren mit der australischen Babcock &
Brown Public Partnerships
(heute INPP Public Infrastructure Germany GmbH & Co KG) ein finanzstarker Minderheitsgesellschafter für die
BeNEX GmbH, der langfristig an die Gesellschaft gebunden werden konnte.Vor
allem im Schienenverkehr ist die BeNEX bis heute erfolgreich, so dass heute die
Tochtergesellschaften NBE(Schleswig-Holstein), Metronom(Niedersachsen / Bremen), ODEG(Mecklenburg-Vorpommern,
Brandenburg, Berlin, Sachsen), Cantus (Hessen, Thüringen)und Agilis(Bayern) umfangreiche
Streckennetze in Deutschland betreiben. Verkehrsleistungen im Busverkehr werden
heute nur noch über die Beteiligung am Stadtverkehr Lübeck und über die VBR
Verkehrsbetriebe- und Servicegesellschaft mbH in den Landkreisen Fulda und
München (MVV-Linien 215
und219) erbracht.
Der
veränderte Verkehrsmarkt ist geprägt von der zeitlich nur befristeten Vergabe
von Verkehrsleistungen und deren erneuten Ausschreibungen. Insbesondere der Busverkehr
wird durch viele Anbieter bestimmt, so dass es auch immer wieder zu einem
Verlust von Verkehrsleistungen kommen kann. So auch Ende 2011, als in Fulda ein
anderes Unternehmen für den Busverkehr in der Stadt und im Landkreis den
Zuschlag erhielt. Die FBG musste liquidiert werden. So gelangten auch die fünf
lindgrünen ex FBG Wagen 417, 423 – 425, 427 (MB O 530 G, Baujahr 2004) aufgrund
ihres guten Erhaltungszustands nach Hamburg zur HOCHBAHN. Deren
Tochtergesellschaft „Jasper“ erbringt auf zahlreichen Buslinien der HOCHBAHN
Auftragsleistungen. Für den Betrieb auf den Metrobuslinien 13 und 25 hat Jasper
seit längerem zehn Gelenkbusse von der HOCHBAHN angemietet. Die fünf Zugänge
aus Fulda, auf Hamburger Verhältnisse angepasst, aber unter Beibehaltung der
lindgrünen Lackierung, gliederte die HOCHBAHN mit den Wagennummer 7421 bis
7425in ihren Bestand ein und vermietete die Busse sogleich an Jasper weiter.
Hierdurch konnten fünf andere bisher an Jasper vermietete Gelenkbusse wieder
zurück zur HOCHBAHN.
Am 22.06.2012
biegt der Wagen 7421 (ex FBG 417) in Wilhelmsburg von der Rotenhäuser
Strasse in die Veringstraße ein. Im Hintergrund eines der
zahlreichen Wohnhäuser aus der Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts.
Wilhelmsburg,seit langem ein Stadtteil mit hohem Ausländeranteil und jahrelang
von den politisch Verantwortlichen in Hamburg eher stiefmütterlich behandelt
und mit vielen Problemen belastet, befindet sich heute im Umbruch. Insbesondere
die für 2013 anstehende„Internationale Bauausstellung“ und die „Internationale
Gartenschau“ haben zu umfangreichen Investitionen in die Infrastruktur und in
Neubauten geführt. Zusammen mit den zahlreichen Altbauten, die von den
Eigentümern zunehmend instandgesetzt werden, wandelt der Stadtteil allmählich
sein Erscheinungsbild und zusammen mit dem Nachbarstadtteil Veddel auch sein
Image. Bleibt nur zu hoffen, dass hier der Wandel – anders als in anderen
Stadtteilen –und die Aufwertung die alteingesessene Bevölkerung mit meist
geringerer Kaufkraft nicht vollständig aus diesem Quartier vertreibt, sondern
für eine gesunde Durchmischung sorgt.
Text: Lutz Achilles / HOV