Bild des Monats Juni 2013
Mitten
durch die Innenstadt
2012
feierte die Hamburger Hochbahn AG 100 Jahre U-Bahnbetrieb in Hamburg. Es wurde
in verschiedenen Veranstaltungen an die Eröffnung des Hochbahnrings erinnert. Dass
die U-Bahn heute in Hamburg eine herausragende Stellung im Nahverkehr der
Metropole innehat, ist auf zahlreiche Streckenerweiterungen im Laufe der
Jahrzehnte zurückzuführen, aber auch auf die politische Vorgabe, den
Straßenbahnbetrieb in Hamburg einzustellen. Denn bis zu Beginn der 1960er Jahre
stand die U-Bahn noch im Schatten der Straßenbahn, die erheblich höhere
Beförderungszahlen aufwies.
2013
kann gleich an drei Streckenerweiterungen im U-Bahnnetz erinnert werden. 1913
die Eröffnung der Hellkamp-Linie als erster Zweigstrecke des Hochbahnrings,
1963 die Fertigstellung der Wandsbeker U-Bahn, die zu neuen Fahrbeziehungen aus
dem Hamburger Osten führte,und 1973 die Inbetriebnahme der U-Bahnstrecke
Gänsemarkt – Hauptbahnhof Nord mit dem Schnellbahnknoten Jungfernstieg. Der HOV
erlaubt sich, mit dem Bild des Monats an diese Streckeneröffnung zu erinnern.
Am 02.06.1973, einen Tag vor dem Beginn des Sommerfahrplans 1973, wurde
der Streckenabschnitt Gänsemarkt – Hauptbahnhof Nord feierlich eröffnet und
damit ein 1962 begonnenes Bauvorhaben beendet. Die nun über diese Strecke
geführte Linie U2 ersetzte die seit 1968 bis Hauptbahnhof Nord und seit 1970
bis Gänsemarkt verkehrenden Linien U21 und U22. Der geschmückte Eröffnungszug
mit dem DT3 9974an der Spitze steht in der neuen Haltestelle
Jungfernstieg. Die Wagenfront glänzt noch, schließlich war dieser DT3
damals erst seit gut zwei Jahren im Einsatz. Unter der Nummer 924 ist das
Fahrzeug heute noch meist auf der Linie U3 anzutreffen. Vor fast 45 Jahren, im
Herbst 1968, gelangten die ersten DT 3 in den Fahrgasteinsatz und befördern
seitdem zuverlässig die Fahrgäste.
Die
eröffnete Strecke war Teil des Neubauvorhabens „Stellingen – Billstedt“, die
eine Verbindung der verlängerten Hellkamp-Linie mit der neu zu bauenden Strecke
nach Horn und Billstedt durch eine als Durchmesserlinie quer durch die
Hamburger Innenstadt geführte Verbindung Schlump – Berliner Tor vorsah. Hierzu
mussten die vorhandenen Haltestellen Schlump und Berliner Tor bei laufendem
Betrieb umgebaut werden. Die Verbindung zwischen diesen beiden Haltestellen
bildet die aufgrund der engen Bebauung in der Innenstadt im Schildvortrieb
erstellte Durchmesserlinie. Um eine Verknüpfung mit der 1934 fertig gestellten
KellJung-Linie (heute Teil der U1) und der in den sechziger Jahren
beschlossenen City-S-Bahn zu ermöglichen, musste auch die vorhandene
Haltestelle Jungfernstieg erweitert werden. Ein Teil des so entstandenen
Schnellbahnknotens mit heute fünf Ebenen (3x Schnellbahn, 1x Alsterschiff, 1x
Oberflächenverkehr) liegt unterhalb der Binnenalster. Dem Schutzbedürfnis in
Zeiten des Kalten Krieges entsprechend konzipierte man die Haltestelle als
Zivilschutzanlage.
Bereits
1925 hatte der damalige Hochbahndirektor Dr. Stein, der Vater der Hamburger
U-Bahn,an dieser Stelle die Verbindung der im Bau befindlichen KellJung-Linie
(Linie C) mit den noch zu bauenden U-Bahnlinien B Schnelsen – (Hellkamp-Linie)
– Schlump – Jungfernstieg – Hauptbahnhof – Billstedt – Billbrook und E Lurup –
Altona – St. Pauli – Jungfernstieg – Hauptbahnhof – Wandsbek – Trabrennbahn
(Farmsen) vorgesehen. Hierzu wären auf zwei Ebenen zwei Haltestellen entstanden
- in etwa in der Lage der heutigen Bahnsteige von U1 und U2/U4. Mit dem Bau der
Linie B wäre allerdings die KellJung-Linie in die noch zu bauende Haltestelle
mit Doppelbahnsteig abgeleitet worden. Bis heute kann man diese Planung anhand
der gestuften Tunnelwand vor der Einfahrt in die Haltestelle Jungfernstieg (U1)
erkennen.
Mit
Eröffnung der ersten Teilstrecke der City-S-Bahn in 1975 war der
Schnellbahnknoten in allen Ebenen in Betrieb. Allerdings wies die
Doppelhaltestelle der U2 damals noch zwei unbenutzte Bahnsteigkanten auf. Diese
waren die Vorleistung für eine noch zu bauende Linie U4 von Winterhude über
Osdorf nach Lurup. Noch 1973 kündigte der Senat den Bau dieser Linie an,
allerdings aus Kostengründen zunächst nur die Stecke Altona - Lurup mit der
Option auf einen jahrelangen Inselbetrieb der U-Bahn. Mit dem bekannten
Ergebnis – es wurde bis heute nicht gebaut – verschwanden nach den Neuwahlen
1974 und dem Verlust der absoluten Mehrheit für die SPD die Planungen hierfür
in der Versenkung.
Es
war das Ende des angekündigten großflächigen Schnellbahnbaus für Hamburg, der
ja die Hamburger Straßenbahn ersetzen sollte. Die Eröffnung dieser
Neubaustrecke führte am 03.06.1973 aber trotzdem zur Stilllegung von zwei
Straßenbahnstrecken:
Linie 1 Rathausmarkt –
Hafen - Altona- Lurup und
Linie 3 Rathausmarkt – Eimsbüttel – Langenfelde.
Neben
dem unmittelbar bevorstehenden Bau einer U-Bahn nach Lurup wurde als weitere
Begründung für die Stilllegung der Strecke nach Langenfelde der Parallelverkehr
zur U2 angeführt. Die offizielle Ersatzlinie für die 3 war der Bus 103, der nur
zwischen Bf. Dammtor und Langenfelde auf dem Linienweg der Straßenbahn
verkehrte. Das Angebot war bewusst unattraktiv gehalten, um so die Fahrgäste
zum Umsteigen auf die U-Bahn zu bringen. Die Verlagerung von Oberflächenverkehr
auf die U-Bahn gelang in Eimsbüttel aber nur bedingt, wie die weiter stark
belastete Buslinie 182 zeigte. Auch gibt es mit der Metrobusline 4 heute wieder
eine Direktverbindung Eidelstedt – Langenfelde – Eimsbüttel – Innenstadt, wie
früher durch die Straßenbahnlinie 3 angeboten.
Das
Bauvorhaben „Stellingen – Billstedt“ führte aber zunächst nicht dazu, dass man
mit der U-Bahn von Stellingen im Regelbetrieb umsteigefrei nach Billstedt
fahren konnte. Erst seit 2009, nach dem erneuten Umbau der Gleisanlagen
Berliner Tor, fährt die Linie U2 jetzt in Richtung Billstedt. Und die beiden,
lange verwaisten Bahnsteigkanten der Haltestelle Jungfernstieg werden seit
November 2012 von der Linie U4 genutzt, die allerdings nicht nach Lurup,
sondern in die HafenCity verkehrt.
Text: Lutz Achilles / HOV