Bild des Monats August 2013

 

 

Vor 50 Jahren grundlegende Änderungen im Hamburger U-Bahn-Netz

 

Mit dem Bild des Monats erinnert der HOV erneut an ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der Hamburger U-Bahn.

 

Mit der Inbetriebnahme des letzten Streckenabschnitts zwischen Straßburger Straße und Wandsbek-Gartenstadt der Wandsbeker U-Bahn fanden die 1955 begonnenenArbeiten zur Verlängerung der Linie Ochsenzoll – Jungfernstieg ihr Ende. Am 02.08.1963 steht der aus vier DT2-Einheiten bestehende Eröffnungszug, festlich geschmückt, in der Haltestelle Volksdorf. In Anwesenheit von Ehrengästen nahm der Präses der Baubehörde, Senator Büch, die Streckeneröffnung vor. Wie bei solchen Anlässen bis heute üblich, fiel die Wahl auf Neubaufahrzeuge. Zu dieser Zeit befand sich gerade die zweite Serie der DT 2 (9144/45 bis 9202/03) in der Auslieferung. Gut zu erkennen ist die aus der Eröffnungszeit der Walddörferbahn stammende Bahnsteighalle. Auf dem Gleis 2 endeten bis 1925 die aus Richtung Wohldorf-Ohlstedt kommenden Züge der Kleinbahn Altrahlstedt - Volksdorf – Wohldorf (später Walddörfer-Straßenbahn). Der Bahnsteig der Haltestelle ist sehr knapp bemessen für den aus acht Wagen bestehenden Eröffnungszug. Bisher waren hier auch keine Fahrgastzüge mit dieser Länge anzutreffen. Der Zug war so lang, dass er vom Bahnsteig aus nicht hätte fotografiert werden können. Die Fotografen mussten in den Gleisbereich hinabsteigen. Damals wie heute streng verboten. Aber ob es „ein Offizieller“ bemerkt hat?

 

Weiter zu sehen: Emailliertes Haltestellenschild mit Negativschrift und nur ein spärliches Licht spendende Bahnsteigleuchten. Die Stromschienenverkleidung besteht noch aus Holz, im Fahrzielbandkasten des U-Bahnwagens ist links bereits ein Feld für die ab 1965 eingeführten Liniennummern vorgesehen. 

 

Für die Bewohner der sogenannten Hamburger Walddörfer brachte diese Streckeneröffnung ab dem 04.08.1963 eine Änderung ihrer Fahrgewohnheiten in die Hamburger Innenstadt mit sich. Statt auf der 1918 eröffneten „Walddörferbahn“ aus Richtung Volksdorf kommend über Barmbek und den Ostring in die Innenstadt zu fahren, ging es nun ab Wandsbek-Gartenstadt weiter über die Neubaustrecke. Die Fahrzeit zum Hauptbahnhof verkürzte sich dadurch ab Wandsbek-Gartenstadt um drei Minuten. Auch wenn dieser Fahrzeitgewinn gering erscheinen mag, ergab sich für die Fahrgäste aus den Walddörfern nun ein verbessertes Platzangebot. Fuhren hier bisher Züge mit maximal sechs Wagen, weil insbesondere die Haltestellen der Ringstrecke größere Zuglängen nicht erlaubten, konnten jetzt Züge mit acht Wagen eingesetzt werden, so wie es die Fahrgäste der Strecke Ochsenzoll – Jungfernstieg schon seit dem 28.10.1952 kannten. Der neue Standard, Haltestellen für 120 m lange Züge auszulegen, war bei der Neubaustrecke von Beginn an berücksichtigt worden. Die Haltestellen der anschließenden Altbaustrecke der Walddörferbahn waren im Laufe der Zeit auch für diese neue Zuglänge umgebaut worden. Lediglich der schwach ausgelastete Abzweig Volksdorf – Großhansdorf fehlte damals noch. Die Züge mussten deswegen in Volksdorf entsprechend geschwächt oder verstärkt werden.

 

Weiter konnte jetzt ein zeitlich ausgeweiteter 5-Minuten-Betrieb von und bis Volksdorf angeboten werden. Auch bestand nun die Möglichkeit, weitere Verstärkungszüge aus den Walddörfern über diese neue Streckenverbindung zu führen - bei der bisher stark ausgelasteten Ringstrecke war das vorher nicht möglich.

 

Ab 04.08.1963 mussten die Fahrgäste, die über die alte Ringstrecke in Wandsbek-Gartenstadt ankamen, dort umsteigen, wenn sie weiter in Richtung Volksdorf wollten. Hierfür erhielt die Haltestelle einen zweiten Bahnsteig und eine zweigleisige Kehranlage für die diesen Ort berührenden Linien. Dieses bahnsteiggleiche Umsteigen ist bis heute der Regelfall. Aber keine Regel ohne Ausnahme. Verkehrsamateure stellten gleich nach der Umstellung fest, dass es in den Hauptverkehrszeiten im Fahrplan nicht ausgewiesene Züge Hellkamp – Barmbek – Volksdorf gab. 1964 wies der Fahrplan für vom Ring kommende Züge vermehrt Farmsen als Endpunkt aus. Mit dieser Überlagerung der Linien war 1973 Schluss. In den letzten Jahren gab es wieder vereinzelte Ausnahmen durch von Farmsen Richtung Barmbek ein- und aussetzende Züge.

 

Im Zusammenhang mit der Vollendung der Wandsbeker U-Bahn entstand anschließend an die jetzt über zwei Bahnsteige verfügende Haltestelle Farmsen ein großer Betriebshof für den wachsenden U-Bahn-Wagenpark.

 

Der Bau der Wandsbeker U-Bahn führte zur Stilllegung der Straßenbahnstrecken nach Jenfeld, Tonndorf und Farmsen. Die Neubaustrecke brachte die erwartete Entlastung des östlichen U-Bahnrings. Anlass, ab 1965 den seit Jahrzehnten bestehenden Parallelverkehr der Barmbeker Straßenbahnlinien 6 und 9 mit der U-Bahn durch Stilllegung der Strecken nach Ohlsdorf und Bramfeld aufzugeben. Damit wurde die Chance vertan, die wenige Jahre später entstandene Großsiedlung Steilshoop mit Schienenanbindungen aus zwei Richtungen zu erschließen.

 

Text: Lutz Achilles    


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