Bild des Monats Juli 2014

 

 

Hundertjähriger mit ÖPNV-Anschluss

 

Am 01.07.2014 wird der im Stadtteil Winterhude gelegene Hamburger Stadtpark 100 Jahre alt. Vor hundert Jahren, am 01.07.1914 - in einer politischen unruhigen Zeit, als sich alles in Richtung eines „Großen Krieges“ bewegte -eröffnet, konnten die Hamburger und Hamburgerinnen die ersten Teile des heute 148 ha großen Areals betreten - das galt aber zunächst noch nicht für die neu angelegten Rasenflächen.

 

HamburgsPolitiker rühmen die Hansestadt als eine grüne Metropole, ja sogar die grünste Deutschlands. Die Statistik kann diese Aussage aber nicht bestätigen. Eine Erhebung der Comdirect Bank von 2012 auf der Basis von Werten aus dem Jahr 2008 brachte für Hamburg einen Anteil von Grün- und Erholungsflächen von 9,3 v.H. an der Gesamtfläche der Stadt. Damit nimmt die Hansestadt im Städteranking Platz 11 von 20 ein. Die Großstädte Halle (a.S.) und Berlin belegen mit 15,9 v.H. und 12,6 v.H. die Plätze 1 und 4. Damit liegt Hamburg zwar noch über dem Durchschnitt von 7,6 v.H., aber doch etwas abgeschlagen – so wie vor über 100 Jahren.

 

Angesichts der damals ungesunden Lebens- und Wohnverhältnisse für weite Teile der Stadtbevölkerung gewann die Schaffung von ausreichenden Grünanlagen eine wachsende Bedeutung im Reich. 1904 verfügte Hamburg über 3,4 m2Grünfläche je Einwohner und belegte damit im Vergleich zu anderen Städten im Kaiserreich einen der hinteren Plätze. Dabei hatte sich Hamburg bereits 1902 mit dem Kauf des Sierich‘schen Gehölzes aus dem Nachlass des Großgrundbesitzers Adolph Sierichim noch in der Entwicklung befindlichen Stadtteil Winterhude eine aufgeforstete Fläche von 36 ha gesichert. Bis daraus aber der heute bekannte Stadtpark wurde, sollten noch Jahre vergehen, denn in Hamburg dauert die Umsetzung von Projekten bekanntlich immer etwas länger. Unter der Verantwortung des Baudirektors Fritz Schumacher, des Oberingenieurs Sperber und des für die gärtnerische Ausgestaltung zuständigen Otto Linnebegann schließlichab 1910 die Umsetzung des Projekts.

 

Ebenfalls 1914 eröffnete die preußische Großstadt Altona ihren „Volkspark“, um so die Lebensverhältnisse für die dortige Bevölkerung zu verbessern. Die Entstehung des mit 205 ha ungleich größeren Volksparks ging zurück auf einen erst 1913 gefassten Beschluss der Stadtvertreter aus Anlass des 25-jährigen Thronjubiläums von Kaiser Wilhelm II – s.a. Bild des Monats „November 2011“. Zur Rettung Hamburgs muss aber betont werden, dass der Hamburger Stadtpark auf einem anderen Konzept als dem des Volksparks beruht. Für die Umsetzung bedurfte es so einer längeren Vorlaufzeit und schließlich einer Bauzeit von zunächst vier Jahren. Auch nach der Eröffnung gingen die Arbeiten weiter, kriegsbedingt aber zunehmend eingeschränkt. Mit der Fertigstellung der Stadthalle 1924 am östlichen Rand des Parks fanden die Arbeiten ihr Ende. In den Folgejahren gab es immer wieder Veränderungen im Park, wobei insbesondere die während der Zeit des Nationalsozialismus vorgenommenen Eingriffe in den Park mit dem Konzept seiner Entwickler um Fritz Schumacher nicht vereinbar waren. Dazu zählte u.a. der Umbau der Wege zu einer sechs km langen Rennstrecke für die ab 1934 stattfindenden Motorsportrennen, aber auch eine Verkleinerung des Stadtparksees zugunsten der Gastronomie.

 

Die aus einem „Orfix“-Stadtplan entnommene Übersicht von 1928 zeigt noch den weitgehend ursprünglichen Zustandder Parkanlage nach dessen Fertigstellung. Gut zu erkennen ist die den Park prägende Sichtachse in West-Ost-Richtung mit Wasserturm im Westen und der Stadthalle mit Stadtparksee im Osten. Dazwischen die große Festwiese. Mit der Stadthalle besaß Hamburg die größte Gaststätte Norddeutschlands, bot sie doch 12.000 Gästen im markanten Gebäude und auf den großen Außenterrassen Platz. 1943 ausgebrannt, wurde die Ruine 1951 abgebrochen, heute findet sich dort der beliebte Teich für Modellboote. Aber es würde hier zu weit führen, auf weitere Einzelheiten in der Entwicklung des Hamburger Stadtparks einzugehen. Das erste Jahrhundert war von Änderungen, Zweckentfremdungen und schließlich einer Rückbesinnung auf das Ursprungskonzept geprägt. Das alles ist der zum Jubiläum erschienen Festschrift vorbehalten.

 

Der Hamburger Stadtpark ist nicht nur für Anwohner der angrenzenden Stadtteile ein Ort der Erholung, sondern wird insbesondere an schönen Tagen auch von Bewohnern weiter entfernt liegender Stadtteile gerne aufgesucht. Dazu bedarf es nicht des Autos, denn der Park ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch heute noch gut zu erreichen.

 

Mit unserem Bild des Monats wollen wir an die von Beginn an vorhandene Anbindung des Jubilars durch öffentliche Verkehrsmittel erinnern. Wie der Stadtplan zeigt, war anfangs von Norden her nicht mit vielen Besuchern zu rechnen, grenzte der Park doch an das ländliche Alsterdorf. Dennoch bestand ab 01.12.1914 die Möglichkeit,nach 10-15 minütigem Fußweg von der Hochbahn-Haltestelle Alsterdorf den Stadtpark zu erreichen.

 

Wesentlich günstiger ist die Anbindung von Süden her. Hier fährt seit 1912 die Hochbahn unmittelbar am Park vorbei. Die beiden Haltestellen Borgweg und Saarlandstraße (früher „Stadtpark“ bzw. „Flurstraße“) haben auch heute noch für die An- und Abreise der Besucher eine große Bedeutung. Die elektrische Stadt- und Vorortbahn (heute S-Bahn) bietet seit dem 28.04.1931 mit ihrem Haltepunkt Stadtpark (ab 1969 „Alte Wöhr“)im Osten des Parksund in der Nähe zur Freilichtbühne eine weitere Anbindung an das Schnellbahnnetz.

 

Wäre in den 1970er-Jahren die vom SPD-Senat angekündigte U-Bahnlinie U4 zwischen Sengelmannstraße und Osdorfer Born gebaut worden, hätte der Stadtpark im nördlichen Bereich mit der Haltestelle „Jahnring (Mitte)“ eine weitere Schnellbahnhaltestelle erhalten. Wie bekannt, wurde aus finanziellen Gründen diese Linie nicht gebaut. Vor kurzem hat der SPD-Senat diese Pläne aber wieder aufgegriffen, jetzt als U5 und mit verlängerter Streckenführung in Richtung Bramfeld.  

 

Für die Bewohner der angrenzenden Stadtteile Winterhude und Barmbek liegt der Stadtpark in guter Fußwegnähe. Aber auch mit anderen Verkehrsmitteln ließ sich der Stadtpark in den Anfangsjahren erreichen. So bot die HHA ab 11.06.1922 eine Straßenbahnverbindung von der Hamburger Straße kommend über Schleidenplatz und Flurstraße zur Stadthalle an. Zunächst als Linie 8, dann kurzzeitig alsLinie 9. Am Beginn der Schleife befand sich in der Flurstraße ein Überholgleis. Aber schon im November 1922 endete der Straßenbahnbetrieb wieder. Erst nach Ende der großen Inflation und Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kehrte die Straßenbahn ab dem 13.05.1924 hierhin zurück.

 

 

Jetzt als Straßenbahnlinie 7, die von Övelgönne kommend ab Hauptbahnhof über Uhlenhorst und Hamburger Straße bis zum Stadtpark verkehrte. Am verkehrsschwachen Vormittag und vom 19.12.1924 bis März 1925 endeten die Straßenbahnen bereits am Schleidenplatz. Danach verkehrten alle Züge der Linie 7 bis zur Stadthalle im Stadtpark. Eine alte Ansichtskarte zeigt einen Triebwagen der Linie 7 vor der imposanten Stadthalle. Mit Ausnahme von Großveranstaltungen wurde dieses Angebot  nicht so gut nachgefragt. Ab Winterfahrplan 1941/42 ruhte der Linienbetrieb der Straßenbahn zum Stadtpark endgültig. Die Strecke blieb als Betriebsstrecke erhalten und zu besonderen Anlässen, wie 1953 zum Evangelischen Kirchentag, mit Fahrgastzügen bedient. Aber erst am 29.05.1963 wurde die Strecke endgültig stillgelegt, denn sie verband bis zu diesem Zeitpunkt die Hauptwerkstatt Falkenried auf dem Schienenwege mit der U-Bahn-Hauptwerkstatt in der Hellbrookstraße. In Falkenried neugebaute oder instandgesetzte U-Bahnwagen fanden so über Straßenbahnschienen ihren Weg von Eppendorf nach Barmbek. Auch war der Lagerplatz für Oberbaumaterial an der U-Bahn-Haltestelle Stadtpark (heute Saarlandstraße) so an das Straßenbahnnetz angebunden.

 

Bis in die 1990er-Jahre leistete sich die HHA im Hochbahnhaus noch eine „Lichtbildstelle“, der es auch oblag, neue Fahrzeugtypen und Umbauten von Straßenbahnen und Bussen fotografisch im Detail festzuhalten. Der Endpunkt bei der ehemaligen Stadthalle mit seiner idyllischen und ruhigen Lage wurde so zu einem beliebten Fotostandort für derartige Aufnahmen. Autoverkehr störte wenig, so dass die Fahrzeuge – heute undenkbar - entgegen der Fahrtrichtung und in der Straßenmitte aufgestellt werden konnten. Das in der Einmündung der Hellbrookstraße in die Saarlandstraße vorhandene Gleisdreieck konnte für solche Rangiervorgänge der Straßenbahn genutzt werden.

 

Mit einer kleinen Auswahl erinnern wir an diese gestellten Motive:

 

 

Im Oktober 1949 steht der HHA-Omnibus 41 (BÜSSING / NAG 5000 T, Baujahr 1949) mit einer in Falkenried hergestellten Karosserie auf der Stadthallenbrücke. Im Hintergrund der Torso einer damals noch in Hamburg weitverbreiteten Gaslaterne.  

 

 

Entgegen der offiziellen Fahrtrichtung steht im Oktober 1953 der fabrikneue V7B 1435 in der Saarlandstraße. Im Hintergrund ist das Überholgleis zu erkennen. Der bereits mit einer Werbung versehene Beiwagen wurde im Juni 1973 als V7BE 4302 ausgemustert und im März 1974 im Betriebshof Lokstedt verschrottet. Während seiner gesamten Einsatzzeit warb der Wagen für Produkte der Firma Beiersdorf, zuletzt für „Atrix“.

 

 

Am 20.11.1956 präsentiert sich der zum V2/50-Triebwagen umgebaute 3017 mit einem V2B an der Einmündung Stadthallenbrücke in die Saarlandstraße.

 

 

Auch Dienstfahrzeuge wurden fotografiert. Am 21.12.1956 steht der neue Mastentransport-Lkw 412 in der Saarlandstraße. Es handelt sich um einen Magirus-Sattelschlepper mit einem Schomäcker-Auflieger. Im Hintergrund ist das Verwaltungsgebäude der U-Bahn-Hauptwerkstatt zu sehen. Der Lkw blieb als Wagen 420 bis zum Abbau der letzten Straßenbahn-Fahrleitungsmasten im Februar 1979 im Betriebseinsatz bei der HHA.

 

 

Über Osterbekkanal, Barmbeker Stichkanal und Goldbekkanal ist auch die Anbindung des südöstlichen Stadtpark-Arealsauf dem Wasserweg möglich. Mit Eröffnung des Gaststättenbetriebs in der Stadthalle am 22.05.1924 legten die ersten Alsterschiffe am nördlichen Anleger an. Unmittelbar vor der Stadthalle war von Beginn an ein kleiner Hafen mit einem südlichen und einem nördlichen Schiffsanleger geplant und so auch gebaut worden. Die Anleger sollten eine Entzerrung bei hohem Fahrgastaufkommen ermöglichen. Es genügte aber der nördliche Anleger, der allerdings für die Fahrgastströme mit einem Zaun geteilt wurde. Zunächst mit Hafenbarkassen der Firma Lütgens& Reimers, die damals den Schiffsbetrieb im Auftrag der HHA führte, gab es eine Pendellinie im Anschluss an die Alsterdampfer vom Mühlenkamp ohne Halt über Osterbekkanal und Barmbeker Stichkanal zur Stadthalle. Unser Foto zeigt eine solche Hafenbarkasse von L & R im kleinen Hafen vor der Stadthalle. Ab 1926 kamen neu beschaffte Barkassen in weiß auch auf dieser Pendellinie zum Einsatz. Nur bei Großveranstaltungen gab es Direktverbindungen vom Jungfernstieg zum Stadtpark. 1935 übernahm die HHA die Alsterschifffahrt wieder in Eigenregie und bereits im Sommer des gleichen Jahres endete hier die Linienschifffahrt. 1965 versuchte die HOCHBAHN den Linienbetrieb zum Stadtpark wieder zu eröffnen, allerdings ohne Erfolg. Der letzte Verkehrshistorische Tag im Oktober 2013 brachte eine Wiederbelebung der Linienschifffahrt an diesem Ort – für einen Tag. Die von der ATG angebotene Kanalfahrt bringt heute regelmäßig Alsterschiffe zum Stadtpark und auf den Stadtparksee.

 

Über Jahrzehnte hatte der Bus keine Zubringerfunktion für den Stadtpark. Die am 19.06.1961 eröffnete Schnellbuslinie 38 (Poppenbüttel – Hauptbahnhof) berührte zwar auf einem Teilstück des Jahnrings (früher Nordring) und der Ohlsdorfer Straße den nordwestlichen Stadtpark, aufgrund des Sondertarifs und der anfänglichen Betriebspause vom Sonnabendnachmittag bis zum Sonntagabend konnte diese Linie für Parkbesucher aber keine Bedeutung gewinnen. Das galt auch für die ab 29.09.1968 eingerichteten Buslinien 118 und 190, die zwischen der in der Entwicklung befindlichen Geschäftsstadt Nord und U-Kellinghusenstraße verkehrten, allerdings nur in den HVZ. Die im Zuge der Teilstilllegung der Straßenbahnlinen 14 und 15 am 27.09.1970 in Betrieb genommene Buslinie 113 (Bf. Altona – Winterhude – S Rübenkamp) änderte hier nichts Wesentliches.

 

Mit der im Zuge der Stilllegung der Straßenbahnlinie 1 geschaffenen
neuen Buslinie 108 (Rathausmarkt – Winterhude – U Alsterdorf) gab es seit dem 22.05.1977 erstmals ab U-Borgwegüber die Hindenburgstraße
(seit 2013 Otto-Wels-Straße) eine Busverbindung durch den Stadtpark mit einer Haltestelle in der Parkmitte. Anfangs auch mit dem heute immer wieder geforderten Abendbetrieb durch den Stadtpark. Die Umstellung der Linie 108 auf Gelenkbusbetrieb führte ab 23.05.1982 dazu, dass der Streckenabschnitt zwischen U-Borgweg und U-Alsterdorf von der bereits vorhandenen Linie 179 übernommen wurde. Die verbesserte Verkehrsanbindung der City Nord, der ehemaligen Geschäftsstadt Nord, an das Busnetz brachte weitere Buslinien, die den nördlichen Teil des Stadtparks berühren. Aber Parkbesucher sind seit 100 Jahren gut beraten, mit U- und S-Bahn anzureisen.

 

Text: Lutz Achilles / HOV


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