Bild des Monats April 2015

 

„April, April!“ - Aprilscherz und ÖPNV

 

Der jahrhundertealte Brauch, stets am 1. April „jemand in den April zu schicken“ lebt auch in Zeiten modernster Technologien bis heute fort. Dieser Artikel soll den geneigten Leser nur mit der reinsten Wahrheit bedienen und über Aprilscherze vergangener Jahre berichten, die den Hamburger Nahverkehr zum Thema hatten.   

 

Ein guter Aprilscherz zeichnet sich durch eine kurze, gut erfundene und dem Mitmenschen gegenüber mit dem erforderlichen Ernst vorgetragene Geschichte aus, die beim Gegenüber – zumindest für kurze Zeit – alle Zweifel am Wahrheitsgehalt ausschaltet. Die Auflösung des Schwindels erfolgt dann schnell und wird mit „April, April!“ eingeleitet. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt, nur sollte ein Aprilscherz niemals verängstigen oder eine Hysterie auslösen, um so den Spaß an dem „Verladen eines Mitmenschen“ zu erhalten.

Und wenn noch ein Foto die Wirkung zu verstärken hilft, umso besser. Heute, in Zeiten von „Photoshop“, ist die Herstellung eines „Beweisfotos“ schnell getan. Aber auch schon weit zurück im letzten Jahrhundert gelang es, Fotomotive an die „erdachte Wirklichkeit“ anzupassen. Erinnert sei nur an die Fotoretuschen in diktatorisch regierten Ländern, wenn eine in Ungnade gefallene Person aus einem Dokument des Zeitgeschehens getilgt wurde.

 

Der Nahverkehr war auch immer wieder Gegenstand von Aprilscherzen, in den Medien oder als Idee einer Marketingabteilung, um so für den ÖPNV zu werben. Unser Bild des Monats zeigt zwei kurze Zeitungsartikel, die in Hamburg am 1. April 1954 erschienen. Beide haben die Straßenbahn zum Gegenstand, das damalige Verkehrsmittel Nr. 1 in Hamburg, dessen 60-jähriges Jubiläum die HHA in jenem Jahr groß feierte.

 

 

In einem Beitrag wird von der bisher vor der U-Bahnhaltestelle Landungsbrücken endenden Straßenbahnlinie 14 berichtet, die nun endlich durch den 1911 eröffneten Elbtunnel nach Steinwerder am anderen Elbufer verlängert werden konnte. Immer zum Schichtwechsel im Hamburger Hafen mit seinen heute unvorstellbar hohen Beschäftigtenzahlen spielten sich bei den St.-Pauli-Landungsbrücken chaotische Zustände ab, wenn die Massen von den Hafenbarkassen und –fähren zur U-Bahn und Straßenbahn – und umgekehrt – strebten. Eine direkte Schienenverbindung in den Hafen ohne Umsteiger hätte sicherlich viele erfreut. Aber die bekannte Bauart des Elbtunnels mit seinen Fahrstühlen entlarvte diese Meldung schnell als einen Schwindel. Auch hätte – wie am anderen Streckenende der Linie 14 - die Freihafengrenze (als Fußgänger) passiert werden müssen. Aber es scheint so, als spiegele diese Meldung auch den Wunsch der Hamburger nach einem Ausbau des Straßenbahnnetzes wider. Tatsächlich konnte im Juli 1954 die Eröffnung der Strecke nach Jenfeld und 1955 die Strecke nach Lurup gefeiert werden.

 

 

Der andere Beitrag vom 1. April 1954 zeigt einen Gelenkwagen der Straßenbahn. In ihrer eigenen Wagenbauanstalt Falkenried hatte die HHA diesen neuen Wagentyp entwickelt, um den steigenden Fahrgastzahlen mit geräumigeren Fahrzeugen zu begegnen. Im März 1954 stellte die HHA den Probewagen vor. Konstruktiv als ungünstig erwies sich aber die Verwendung von altbrauchbaren Fahrgestellen älterer Zweiachser. Dadurch wiesen die Gelenkwagen mit einem schwebenden Mittelteil ungünstige Fahreigenschaften auf. Trotzdem begann 1955 die Auslieferung der 30 Serienfahrzeuge dieses Typs. Die Idee, mittels Gelenken einen Straßenbahnwagen zu verlängern, inspirierte die Presse, sich anlässlich des 1. Aprils Gedanken über einen Straßenbahnwagen mit variabler, stets bedarfsgerechter Länge zu machen. Obwohl zur Erheiterung der Leser gedacht, hatte dieser Aprilscherz doch etwas Prophetisches. Die Entwicklung des Straßenbahnbaus hat heute zu siebenteiligen Gelenkwagen geführt, die die Kapazität eines bei der HOCHBAHN eingesetzten Doppelgelenkbusses weit übertreffen - bei erheblich besseren Fahreigenschaften.

 

War Urheber der ersten beiden Beispiele die Presse, so entstand die Idee zu den nachfolgenden Aprilscherzen im Hochbahnhaus. Hier wurde die Presse zum Medium, um den Fahrgästen diesen Schwindel nahe zubringen.

 

 

Am 1. April 1987, im 75. Jahr der Hamburger U-Bahn, setzte die HOCHBAHN auf der Linie U1 einen U-Bahnzug mit einem Bierausschank ein, der sich im DT3 9972 befand. 0,2 Liter kosteten 1 DM. Es blieb beim einmaligen Einsatz, heute angesichts des seit 2012 bestehenden Alkoholverbots im HVV eine Aktion, die wohl niemals wiederholt werden kann.

 

 

1997 wurde die Hamburger U-Bahn 85 Jahre alt. Anlass für die HOCHBAHN, erneut einen Aprilscherz zu inszenieren - nun aber erheblich aufwendiger. Hierfür wurde die zur Ausmusterung anstehende DT 2.2-Einheit 649 ausgewählt und der B-Wagen (649-2) durch Entfernung des Wagenaufbaus ab Fensterunterkante zu einem U-Bahn-Cabrio umgebaut.

 

 

Eine Abnahme dieses Zuges durch die Aufsichtsbehörde unterblieb natürlich, so dass am 1. April 1997 nur Fahrten für die Presse auf dem Gelände der Hauptwerkstatt Barmbek möglich waren. Dabei war die Idee von Cabrio-Fahrten nicht neu. In Berlin führte die BVG 1995 erstmals derartige U-Bahn-Cabrio-Fahrten auf dafür hergerichteten Arbeitsloren durch, um so dem Fahrgast die Berliner U-Bahn-Tunnelwelt näherzubringen. Diese Fahrten erfreuen sich bis heute einer guten Nachfrage.

Text: Lutz Achilles / HOV


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