Bild des Monats Januar 2017
„Saturn II“-Busse prägten den
Omnibusverkehr im Hamburg der 1960er-Jahre
Die
Fahrzeugsammlung des HOV bestand im letzten Jahr seit nunmehr vierzig Jahren und
enthält Busse der Baujahre 1952 bis 1997. Zweck des HOV ist die Erhaltung von
verkehrshistorisch wertvollen und interessanten Omnibussen, die in Hamburg im
öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt waren und damit Teil des Stadtbildes
waren. Die Sammlung erhielt in den letzten Jahren zahlreiche weitere Zugänge,
meist jüngere Busse. Auch gelang es, einzelne Busse wieder in den
Fahrgastverkehr zu bringen - allerdings Busse aus den 1980er- und
1990er-Jahren. Auch wenn diese Busse ihre „Fans“ haben, sollte dabei nicht aus
dem Blick geraten, dass die Sammlung noch viele ältere, historische Busse
enthält, deren Einsatzzeit in Hamburg schon über einige Jahrzehnte zurückliegt
und die teilweise einer tiefgreifenden
Aufarbeitung bedürfen. In loser Reihenfolge wollen wir mit dem „Bild des
Monats“ daran erinnern, diesmal an den „Saturn II, Typ Hamburg“ vom ehemaligen
Bushersteller Magirus-Deutz. Das Titelfoto zeigt die in der Sammlung zu
findenden Wagen 6799 (Baujahr 1959 -
oben), 7450 (Baujahr 1964 – unten
links) und 5702 (Baujahr 1967 –
unten rechts) und damit drei von 738 Exemplaren dieses zwischen 1959 und 1967
vom Bushersteller MAGIRUS-DEUTZ für die HOCHBAHN gefertigten Fahrzeugtyps.
Damit kann die Entwicklungsgeschichte dieses den Omnibusverkehr der 1960er-Jahre
in Hamburg prägenden Bustyps anhand von 1:1-Modellen beispielhaft dargestellt
werden.
Auch
wenn Ende der 1950er-Jahre die Straßenbahn noch das Straßenbild Hamburgs
bestimmte, führte die zunehmende Umstellung von Straßenbahnstrecken auf
Busbetrieb doch allmählich zu einer Veränderung des ÖPNV im städtischen
Erscheinungsbild. Für diese Umstellung benötigte die HOCHBAHN Großraumbusse,
die das Fahrgastaufkommen, das die Straßenbahn bewältigte, übernehmen konnten -
auch wenn das bedeutete, dass die Kapazität eines modernen V6- bzw. V7-Zuges
mit bis zu 218 Fahrgästen nur durch zwei bis drei Busse zu ersetzen war. Und
diese Großraumbusse bot damals neben der Firma BÜSSING auch der Hersteller
MAGIRUS-DEUTZ an. Die ersten „Saturn II“-Busse beschaffte die HOCHBAHN bereits
1958. Haupteinsatzgebiet dieser ersten Lieferung war damals
Harburg-Wilhelmsburg. Allerdings handelte es sich bei diesen insgesamt 47
Bussen noch um „Busse von der Stange“, die noch nicht auf die Hamburger
Bedürfnisse, wie sie die HOCHBAHN definierte, abgestimmt waren. In der o.g.
Gesamtzahl sind diese noch nicht als „Typ Hamburg“ bezeichneten Bussen nicht
enthalten.
Am
auffälligsten der ersten Saturn II war der von der Straßenbahn bekannte, große
Liniennummernkasten auf dem Fahrzeugdach, wie hier auf dem Wagen 6809 (Serie 6800-6819), der am 23.04.1959 an der Haltestelle Neuhöfer
Straße in Wilhelmsburg hielt. In der Straße befand sich damals die
Straßenbeleuchtung in der Umstellung, es blieb aber beim Gaslicht. Im Hintergrund
ein Andreaskreuz zur Absicherung des Bahnübergangs der Wilhelmsburger
Industriebahn. Dem HOV gelang es Mitte Januar, aus einer in Auflösung
befindlichen Kleingartenanlage einen Haltestellenmast, wie er im Foto zu sehen
ist, zu bergen.
Wie
erwähnt, entsprachen diese Busse noch nicht ganz den von der HOCHBAHN
gestellten Anforderungen an einen für Hamburg geeigneten Bus. Die HOCHBAHN
erstellte einen umfangreichen Anforderungskatalog, den zunächst MAGIRUS-DEUTZ
und dann später auch BÜSSING erfüllte.
So entstand der „Typ Hamburg“. Dieser hatte zu bieten:
·
Höchstmaß an
Beförderungskomfort für den Fahrgast
·
Verbesserung der
Arbeitsbedingungen für den Fahrer
·
Lärm- und
Geruchsreduzierung für die übrigen Verkehrsteilnehmer
·
Senkung der Betriebs-
und Wartungskosten
Für
den Fahrgast waren diese „neuen“ Saturn II-Busse sofort an der großen
Fahrzielanzeige vorne, seitlich und am Heck zu erkennen.
Der
hier am 31.05.1959 an der
Haltestelle U Meiendorfer Weg
haltende Wagen 6739 gehörte zu der ersten
Serie von insgesamt 95 Bussen in der für Hamburg entwickelten Ausführung (Serie
6726-6799, 6680-6699). Der Bus 6799 findet sich heute in der Sammlung des HOV,
zwar restauriert, aber durch die lange Standzeit aufgrund verrotteter
Luftleitungen zurzeit nicht rollfähig.
Im
Hinblick auf weitere Einzelheiten zu den Saturn II-Bussen möchten wir unsere
interessierten Leser auf die Rubrik „Verkehrsgeschichten“ auf der HOV-Seite
verweisen. Hier wird die Geschichte dieses Fahrzeugtyps ausführlich
dargestellt.
Fotos
aus unserem Archiv zeigen weitere Saturn II-Busse vom Typ Hamburg, deren
verschiedene Bauserien immer wieder durch kleinere Änderungen geprägt waren,
die sich auch heute noch an den vom HOV erhaltenen Bussen nachvollziehen
lassen.
Als
Ersatz für die 122 Schnellbusse vom Typ Daimler Benz O 321 H beschaffte die
HOCHBAHN ab 1962 auch Saturn II vom „Typ Hamburg“ in Schnellbusausführung,
selbstverständlich in der seit 1960 zum Markenzeichen des Hamburger
Schnellbussystems gewordenen Lackierung in „Babyrosa“ und mit Panoramascheiben in der Dachkante. Am 17.03.1963 hielt der Wagen 5233 (Serie 5200-5278) als Linie
37 am Rathausmarkt. Seit 1960
verfügten alle Busse dieses Typs über angeschrägte Frontschreiben, um so die
nächtlichen Sichtverhältnisse für den Fahrer zu verbessern (Vermeidung der
Blendwirkung durch die Innenbeleuchtung). Ab 1962 entfiel die Zielanzeige am
Heck, erst bei den seit Ende 1997 im Stadtbild Hamburgs anzutreffenden
„Citaro“-Bussen kehrte diese zusätzliche Informationsmöglichkeit für den
Fahrgast zurück.
Auch
auf den beiden Sonderlinien auf dem Hauptfriedhof Ohlsdorf waren diese Busse
anzutreffen, hier am 03.05.1964 mit
in den Wagen 7353 (Serie 7300-7357,
Baujahr 1963) an der Haltestelle Haupteingang
einsteigenden Fahrgästen.
1964
beschaffte die HOCHBAHN 85 weitere Stadtbusse. Am 09.04.1970 stand der Wagen
7461 (Serie 7400-7484) vor dem Empfangsgebäude des Bahnhof Harburg. Der HOV hat mit dem Wagen 7450 einen Bus dieser
Serie in seinem Bestand.
Ab
1965 entfiel die Bezeichnung „Saturn II“ und wurde durch „Magirus-Deutz 150 S
10“ ersetzt, ergänzt um den Zusatz „Typ Hamburg“. Dabei bedeutete „150“ die
Motor-PS, das „S“ stand für „Stadtbus“ und die „10“ verwies auf die Länge des
Fahrzeugs. Endpunkt der Entwicklung für Hamburg stellten die ab Ende 1966
ausgelieferten Schnellbusse als Magirus-Deutz 150 L 12 „Typ Hamburg“ dar.
Wieder mit den bekannten, luxuriösen Schnellbusmerkmalen, aber nun in einer 12
Meter-Ausführung, anstelle der bisher üblichen 10 Meter. Das „L“ stand für
„Linienbus“. Der am 08.07.1971 als
Linie 32 an der Haltestelle Gerhart-Hauptmann-Platz
haltende Wagen 5716 gehörte zu
dieser letzten Serie von nur 19 Bussen (5701-5719). Der HOV hat aus dieser
Serie den Wagen 5702 in seiner
Sammlung, der über die von der Straßenbahn bekannte automatische
Fahrtzielanlage verfügt und als einer von nur drei Fahrzeugen für den
Gelegenheitsverkehr weitere Komfortmerkmale aufweist.
Für Hamburg wäre aus unserer
Sicht die Restaurierung eines Saturn II und dessen Rückkehr in den
Fahrgastverkehr eine kleine Sensation, die aber eine umfangreiche
Instandsetzung des Busses voraussetzt. Das auch heute bei modernen Bussen
anzutreffende Problem von Korrosionsschäden am Gitterrahmen unterhalb des
Fußbodens betrifft auch die Wagen 7450 und 5702. Das macht eine Instandsetzung
aufwendig und teuer. Wenn Sie den HOV dabei unterstützen möchten, freuen wir
uns über jeden Unterstützer – siehe Kontakte auf der HOV-Seite.
Text: Lutz Achilles / HOV