Bild des Monats April 2017

 

 

Frühling in Hamburg

 

Alljährlich erwacht auch in Hamburg die Natur neu. Scheinbar ein Wunder, denn bei unverändert hoher Luftverschmutzung durch den Auto- und Schiffsverkehr und abnehmendem Baumbestand in Hamburg gelingt es der Natur jedes Jahr von Neuem, mit zartem Grün und leuchtenden Blüten einen Kontrapunkt dazu zu setzen. Allerdings wird später das anfangs helle Grün dunkler, ein Tribut an die schlechten Rahmenbedingungen.

 

Wie auch schon in älteren Bildern des Monats erwähnt, dokumentieren  Nahverkehrsfreunde seit Jahrzehnten die Entwicklung des ÖPNV weltweit, so auch in Hamburg. Und die dabei entstandenen Fotodokumente bilden auch immer einen Teil der Stadtentwicklung ab. Ein bevorstehender Fahrplanwechsel war oft Anlass genug, um bald Vergangenes noch einmal im Bild festzuhalten. In den letzten Jahren der Hamburger Straßenbahn standen oft Streckenstilllegungen zu Beginn des in der Regel in der zweiten Hälfte des Mai in Kraft tretenden Sommerfahrplans an. Und in den Wochen davor wurden die Straßenbäume allmählich grün. Unser Bild des Monats beschäftigt sich mit dieser Zeitspanne zwischen April und Mai.

 

Zum Sommerfahrplan 1977 stand die Stilllegung der Straßenbahnlinien 1 (Winterhude - Rathausmarkt) und 14 (Grindelberg – U Burgstraße bzw. Winterhude – S Veddel) an. Am 07.05.1977 wanderten einige Nahverkehrsfreunde die Strecke zwischen U Burgstraße und Grindelberg ab.   

 

An der Haltestelle Goldbekplatz stiegen viele Fahrgäste, von denen einige sicherlich gerade den Wochenmarkt am Goldbekufer besucht hatten, in den V6E 3553 ein. Die Bebauung am rechten Straßenrand hat sich bis heute grundlegend gewandelt, wie auch der Straßenbelag. Der Triebwagen zeigte im Dachbereich die Deutschland- und die Hamburg-Fahne. Zu besonderen Anlässen wurden die Straßenbahnen so beflaggt, wie hier zum 788. Hafengeburtstag. Aber die damalige HOCHBAHN-Tochter „Hamburger Verkehrsmittel Werbung GmbH“ war innovativ und nutzte die Halter unterhalb der Liniennummer auch zu Werbezwecken. Insbesondere an Messetagen fuhren in früheren Jahren die Straßenbahnen mit Werbefahnen durch die Stadt.

 

 

 

In der Dorotheenstraße, in Höhe der Einmündung Greflingerstraße, unterquerte an diesem Tag der ebenfalls beflaggte V6E 3625 als Linie 1 die U-Bahnbrücke der Linie U3. Im Hintergrund die in weiten Teilen diesen Stadtteil prägende Bebauung aus mehrstöckigen Mietshäusern der Gründerzeit. Zwischen den Straßenbäumen rechts im Bild sieht man eine Straßenleuchte, die mit Gas betrieben wird, damals noch in Hamburg verbreitet. Der Straßenbahntriebwagen hatte noch zwei Wochen Einsatzzeit, denn die Stilllegung der beiden Straßenbahnlinien führte zur Ausmusterung von 43 Straßenbahnwagen. Der Triebwagen warb damals für die Nutzung von Bus und Bahn. Im Hintergrund der Schnellbus (vermutlich) 6206 aus der 1973 gebauten, kleinen DB O 305-Serie 6201 – 6210 auf der Linie 38, die auch zum Sommerfahrplan 1977 eingestellt wurde. Die 62er Schnellbusse hatten Fahrgastzählanlagen und waren versuchsweise mit Werbe-Leuchtbändern an der Decke ausgestattet.

 

 

Auch in der Martinistraße (Einmündung Frickestraße) wurde es an diesem 07.05.1977 allmählich grün. Der V6E 3629 war – vom Universitätskrankenhaus Eppendorf kommend - als Linie 14 in Richtung Winterhude unterwegs. Die Beleuchtung des Fußgängerüberwegs war damals noch gasbetrieben. 

 

 

Auch an diesem für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer unwirtlichen Ort erwachte 1996 die Natur, soweit dafür Platz war. Am Verkehrsknoten Billhorner Brückenstraße / Billhorner Röhrendamm hat bis heute der Autoverkehr Vorrang. Dem Straßenausbau stand 1959 die hier verkehrende Straßenbahnlinie 12 (Bahrenfeld – Rothenburgsort) im Weg. Sie wurde deswegen stillgelegt, anstatt sie zusammen mit der Straße eine Ebene tiefer zu legen. Am 29.04.1996 wartete der MB O 405 8892 der VHH-Tochter Ortmann‘s Reisedienst auf die Einfahrt in die Bussonderspur in Richtung Amsinckstraße. Zuletzt hatten hier die Straßenbahnlinien 2 und 14 ihren vom Individualverkehr abgetrennten Gleiskörper. Der Bus zeigt das Liniensignal 120 der VHH, tatsächlich handelte es sich aber um die Linie 119 der HOCHBAHN als Unterlinie zur 120. Im Hintergrund sieht man den 1940 erbauten und für 500 Personen ausgelegten Rundturmbunker vom Typ Zombeck, doch waren diese Bunker im Krieg oft erheblich überbelegt. Dieser Bunker stand am Rand des ehemals dichtbebauten Stadtteils Rothenburgsort, konnte aber nur zu wenigen Bewohnern Schutz in den fürchterlichen Bombennächten des Juli 1943 bieten.

 

 

Auch der 1. Mai, der internationale Tag der Arbeit, liegt im Frühjahr und wird traditionell für Kundgebungen der Gewerkschaften genutzt, um so auf deren Ziele aufmerksam zu machen. Auch wenn die Teilnehmerzahlen an den Kundgebungen heute nicht mehr die Zahlen früherer Jahre erreichen, gibt es immer noch Demonstrationen, die oft sternförmig auf die Innenstadt zuführen. Am 01.05.1996 charterten die Gewerkschaften dazu zwei Alsterdampfer. Auf dem „begrünten“ Streek waren an diesem Tag die Motorschiffe „ISEBEK“ und „ALSTER CABRIO“ mit fahnenschwenkenden Teilnehmern unterwegs.   

 

 

 

Ihren „letzten Frühling“ erlebten die DT3 825-1 (im Hintergrund) und 923-3, als die beiden Wagenkästen am 05.04.2017 auf dem Weg nach Lübeck zur Verschrottung den „Horner Kreisel“ durchfuhren.

Text: Lutz Achilles / HOV


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