Bild des Monats Juni 2017

 

 

Mit dem Schulbus ins Grüne

 

Der Schulbusverkehr in Hamburg war mit dem Schwerpunkt Vier- und Marschlande schon einmal im August 2009 Thema in unserer Rubrik „Bild des Monats“ (siehe Archiv). Mit dem aktuellen Bild des Monats wollen wir an die Schulbuslinie 830 erinnern, an deren Betrieb  vielleicht einige Hamburger und Hamburgerinnen – mittlerweile erwachsen – zurückdenken. Diese Schulbuslinie zeichnete sich durch regelmäßig wechselnde Linienführungen bei festen Zielen aus.

 

Um Kindern aus „benachteiligten Stadtteilen“ einen Unterricht im Grünen auf Zeit zu ermöglichen, fern von Lärm und Luftverschmutzung, wurde die von der HOCHBAHN betriebene  Schulbuslinie 830 eingerichtet. Ziele waren die Kinderheime im Volkspark und im Stadtpark, sowie das Kinderheim Driftredder im Öjendorfer Park. Morgens wurden die Kinder von bestehenden Linienhaltestellen in Wohnortnähe abgeholt und zu einem der Kinderheime befördert. Streckenkundiges Heimpersonal begleitete den Bus, auf deren Anweisungen die Zwischenhaltestellen zu bedienen waren. Angekommen am Kinderheim fand dort tagsüber der Unterricht mit Ausflügen in die Natur statt, am frühen Nachmittag ging es wieder zurück. So auch am 22.03.1984, als Familienangehörige an der Haltestelle Hebebrandstraße unter dem zufriedenen Blick des Busfahrers im Schnellbus HHA 6513 (DB O 305, Serie 6501-6575, Baujahr 1975) den Nachwuchs in Empfang nahmen. Der Bus fuhr die reguläre Haltestelle der Tageslinien 39 und 172 in Richtung Flughafen an. Der runde, gelbe Haltestellenmast mit Haltestellenfahne aus Alu und Schnellbuspfeil zeigte das über Jahrzehnte für Fahrgäste gewohnte Erscheinungsbild einer Bushaltestelle. Die Liniennummernschilder „39“ und „172“ waren noch aus Kunststoff, die Liniennummer „607“ schon aus Alu. 1984 hatte im HVV-Bereich die Umstellung auf die noch heute gebräuchlichen Quadratrohrmasten, zunächst noch in Signalgelb, bereits begonnen. Am linken Bildrand sieht man das Dach eines Fahrgastunterstandes vom Typ HHA 15. Auch hier war zu dieser Zeit der Austausch der durch die HHA entwickelten und selbst finanzierten Fahrgastunterstände gegen Ausführungen der Firma Decaux bereits in vollem Gange.

 

Die Haltestelle Hebebrandstraße weist auf die rechts in die Fuhlsbüttler Straße einmündende gleichnamige Straße hin, die an den Oberbaudirektor Professor Werner Hebebrand (1899-1966) erinnert, der u.a. für die in der Nähe liegende „Geschäftsstadt Nord“, der heutigen City Nord, verantwortlich zeichnete. Von ihm stammte die Idee, zur Entlastung der Innenstadt, eine Bürostadt in aufgelockerter Bauweise mit größerem Grünflächenanteil zu bauen. Hierzu wählte er die Fläche in der Nähe des Stadtparks aus, die ursprünglich für dessen Erweiterung vorgesehen war und damals noch von Kleingärtnern genutzt wurde. Seit 2013 steht die „City Nord“ unter Denkmalschutz. Die Hebebrandstraße hieß früher Brambergstraße. Hier hatte bis 1965 die Straßenbahnlinie 6 (Ohlsdorf - St. Pauli) eine Stumpfendstelle mit Aufstellgleis für Verstärkerzüge zu Besuchszeiten des nahegelegenen Allgemeinen Krankenhauses Barmbek. Im Hintergrund sieht man den Schornstein vom Heizkraftwerk des Krankenhauses. Mit dem Bau der Geschäftsstadt Nord wurde das Straßennetz der Umgebung aus- und umgebaut und die Straßenbahngleise verschwanden. Im weiteren Verlauf der Brambergstraße ging deren mittlerer Teil später in der Geschäftsstadt auf, der westliche Teil wurde in Sydneystraße umbenannt.

 

Dem Verfasser dieser Zeilen sei nachfolgende persönliche Anmerkung erlaubt. Im Aufbauplan 1960 war die heutige Großwohnsiedlung Steilshoop, mit deren Bau 1966 begonnen wurde, bereits enthalten. Hätten die damals für Hamburg Verantwortlichen auf ihrem Weg zur autogerechten Stadt die Straßenbahn nicht als Verkehrshindernis, sondern als Chance für einen leistungsfähigen Nahverkehr erkannt, wäre die Diskussion über eine leistungsfähige Schienenanbindung von Steilshoop heute kein Thema mehr und würde sich nicht im mittlerweile fünften (!) Jahrzehnt befinden. Von der Straßenkreuzung im Hintergrund hätte es über die Nordheimstraße einen Abzweig als Straßenbahnverbindung nach Steilshoop geben können. Und auf der Bramfelder Seite tangierte die dort bis 1965 verkehrende Straßenbahnlinie 9 (Flughafen – Bramfeld) bereits die spätere Großwohnsiedlung. 

 

 

Mit einem weiteren Foto erinnern wir an die Schulbuslinie 830. Am 11.03.1983 fuhr der Schnellbus HHA 6005 (Serie 6001-6025, Baujahr 1980) auf der Barmbeker Straße zum   Winterhuder Marktplatz. Rechts vom Bus ist ein kleiner Teil eines Stadtbusses auf der Linie 109 zu erkennen, die damals noch ihre Haltestelle auf der Platzmitte hatte. Im Hintergrund rechts sieht man das um 1943 errichtete Bunkerhaus, zu dieser Zeit von einem Möbelhaus genutzt. 2016/17 entstanden in dieser ehemaligen Zivilschutzeinrichtung Wohnungen. Das von den Bauherren beantragte Penthouse in Form eines „landenden Ufos“ auf dem Dach konnte noch nicht umgesetzt werden.

 

 

Auf der Schulbuslinie 830 wurden auch Stadtbusse eingesetzt, wie die Situation am 15.08.1984 in Höhe des Kinderheims Stadtpark zeigte. In der Hindenburgstraße (heute Otto-Wels-Straße) warteten damals auf die jungen Fahrgäste die DB O 305 HHA 1713 (Serie 1665-1764, Baujahr 1976) und dahinter stehend HHA 2111 (Serie 2101-2194, Baujahr 1980). Das Ziel an diesem Tag war U/S Barmbek, das nach 17 (!) km erreicht wurde. Besonders ist, dass diesmal die Busse von zwei Betriebshöfen kamen. Wagen 1713 gehörte zum Betriebshof Mesterkamp, ihm folgte der Wagen 2111 vom Betriebshof Langenfelde. Aber oft fuhren Schnellbusse auf dieser Linie, insbesondere am Nachmittag, weil die zweite Hauptverkehrszeit im Schnellbussystem zu dieser Zeit später als im Stadtbusverkehr lag, so dass entsprechende Verstärkerbusse vorher noch als Linie 830 verkehren konnten.

 

Damals trugen die Schnellbusse von HOCHBAHN und VHH noch das vielen Hamburgern seit Jahrzehnten bekannte „Babyrosa“ als Außenlackierung. Der HOV bewahrt mit dem Wagen 6416 (DB O 305, Baujahr 1984) einen Vertreter der letzten Schnellbusserie in dieser Lackierung vor dem Vergessen. Dieser Bus ist auch heute noch öfter auf den Straßen Hamburgs anzutreffen und wird von vielen Hamburgern dann freudig wiedererkannt. 1994 führten HOCHBAHN und später auch VHH ein neues Farbschema ein, das aber den Wiedererkennungswert für das Hamburger Schnellbussystem der alten Lackierung nicht erreichte.

Text: Lutz Achilles / HOV


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